Wann Umziehen in Österreich zur Arbeitszeit zählt – und wann nicht
In vielen Betrieben in Österreich herrscht nach wie vor Unsicherheit, ob Umkleidezeiten als bezahlte Arbeitszeit gelten – obwohl die Rechtslage seit mehreren Jahren durch Urteile des Obersten Gerichtshofs (OGH) eindeutig geklärt ist.
Besonders in Branchen mit verpflichtender Schutz- oder Dienstkleidung spielt diese Frage eine wichtige Rolle – denn sie entscheidet darüber, ob Mitarbeitende für diese Zeit entlohnt werden müssen.
In diesem Beitrag erfahren Sie:
- Was als Arbeitskleidung gilt
- Wann Umkleidezeit als Arbeitszeit zählt
- Praktische Beispiele und OGH-Urteile
- Wie Sie Umkleidezeiten rechtssicher erfassen
Inhaltsverzeichnis
1. Was gilt in Österreich als Arbeitskleidung?
Unter Arbeitskleidung versteht man Kleidung, die speziell für den Job getragen werden muss. Sie wird vom Arbeitgeber ausdrücklich vorgeschrieben und erfüllt einen betrieblichen Zweck, z.B. Schutz, Hygiene oder ein einheitliches Erscheinungsbild.
1.1. Wann ist die Arbeitskleidung verpflichtend?
Nur wenn der Arbeitgeber klar vorgibt, was getragen werden muss – z. B. Sicherheitsschuhe, Hygienekleidung oder ein bestimmter Dresscode –, handelt es sich um echte Arbeitskleidung im rechtlichen Sinn.
Beispiele für echte Arbeitskleidung:
- Schutzkleidung (z. B. Helm, Sicherheitsschuhe, Warnweste)
- Hygienekleidung (z. B. OP-Kittel, Haarnetz)
- Uniformen mit Logo oder in Firmenfarben
- Dienstkleidung mit spezieller Funktion (z. B. Kassa-Personal, Empfang)
1.2. Was zählt nicht als Arbeitskleidung?
Entscheidend ist hier, ob die vorgeschriebene Kleidung auffällig oder neutral ist – und ob sie eindeutig einem beruflichen Zweck dient.
Kleidung mit Firmenlogo, Uniformen oder Kostüme (z. B. in Freizeitparks oder im Einzelhandel) gelten als auffällige Dienstkleidung. Diese unterscheidet sich klar von privater Kleidung und dient meist der Wiedererkennbarkeit oder Repräsentation. Neutrale Kleidung ohne Logo oder spezifische Merkmale (z. B. schwarze Hose, weiße Bluse), selbst wenn sie vom Arbeitgeber empfohlen wird, zählt meist nicht als Arbeitskleidung im rechtlichen Sinn.
2. Wann ist Umkleidezeit Arbeitszeit?
Ob Umkleidezeit als Arbeitszeit gilt, hängt davon ab, ob sie fremdbestimmt ist – also ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers erfolgt.
Das österreichische Arbeitszeitgesetz definiert Arbeitszeit als die Zeit, in der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zur Verfügung stehen (vgl. §2 AZG).
Gehört das An- und Ablegen von Dienstkleidung dazu? Die österreichische Rechtsprechung sagt: unter bestimmten Umständen ja.
Umkleidezeit ist Arbeitszeit, wenn:
- unzumutbar ist, die Dienst- oder Schutzkleidung schon zu Hause anzulegen. Unzumutbar ist es beispielsweise, wenn die vorgeschriebene Kleidung sehr auffällig ist oder klar erkennbar macht, für welches Unternehmen man arbeitet (etwa durch Logo oder ausgefallenes Kostüm)
- Schutz- oder Hygienekleidung aus betrieblichen Gründen zwingend im Unternehmen angelegt werden muss, wie z.B. in der Gastronomie oder im Gesundheitsbereich
- das Umziehen auf Weisung des Arbeitgebers erfolgt
Umkleidezeit zählt nicht zur Arbeitszeit, wenn:
- die Kleidung zwar vorgeschrieben, aber alltagstauglich und problemlos bereits zu Hause tragbar ist. z.B. ein unauffälliges Poloshirt oder eine einfarbige Hose ohne Logo
2.1. Beispiele: Wann Umziehen bezahlt werden muss
Spitalskleidung im Krankenhaus:
Wenn Mitarbeiter aus hygienischen Gründen die Dienstkleidung (z.B. OP-Kleidung) nur im Krankenhaus wechseln dürfen, ist das Umkleiden fremdbestimmt und muss bezahlt werden. Bereits 2018 hat ein OGH-Urteil (9 ObA 29/18g) bestätigt, dass Zeit zum An- und Ausziehen von Spitalskleidung Arbeitszeit ist.
Gastronomie und Hygiene:
Auch in Restaurantküchen und im Service wird das Umziehen oft aus Gründen der Hygiene verlangt – und vergütet. Wenn Kochjacken, Schürzen oder Servicetracht ausschließlich im Betrieb getragen werden sollen (etwa um Verunreinigungen von außen zu vermeiden), dann findet das Umkleiden im Interesse des Arbeitgebers statt. Diese Zeit muss folglich zur Arbeitszeit gezählt werden.
Auffällige Dienstkleidung bzw. Kostüme:
Ein OGH-Urteil aus 2020 betraf Mitarbeiter, die ein auffälliges, piratenähnliches Kostüm mit Firmenlogo tragen mussten. Der OGH entschied, dass es den Beschäftigten objektiv nicht zumutbar war, in dieser auffälligen Uniform den Weg zur Arbeit zu bestreiten. Daher zählt das Umkleiden im Betrieb als Arbeitszeit – inklusive der Wege vom Umkleideraum zum Arbeitsplatz.
3. Muss Umkleidezeit als Arbeitszeit erfasst und bezahlt werden?
Ja – wenn sie rechtlich als Arbeitszeit gilt, muss sie erfasst und vergütet werden.
Für Arbeitgeber bedeutet das, die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter korrekt aufzuzeichnen – inklusive kurzer Tätigkeiten wie dem Umziehen.
Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter genau zu dokumentieren (§26 AZG). Falsch oder unvollständig erfasste Zeiten können zu Nachzahlungen oder rechtlichen Problemen führen.
Praxis-Tipp: Umkleidezeit automatisch erfassen
Mit einer digitalen Zeiterfassung wie timr lassen sich auch Umkleidezeiten einfach, genau und rechtssicher erfassen – egal ob am Terminal, per App oder im Web.
✅ So stellen Sie sicher, dass jede Minute – auch das Umziehen – korrekt dokumentiert ist.
✅ Ideal für Branchen mit Pflichtkleidung oder sensiblen Arbeitszeiten.
4. Fazit: Umkleidezeit kann Arbeitszeit sein – wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind
Die Frage, ob Umkleidezeit als Arbeitszeit gilt, lässt sich nicht pauschal beantworten – aber:
Sobald die Kleidung vom Arbeitgeber vorgeschrieben und/oder das Umkleiden betrieblich notwendig ist, muss diese Zeit bezahlt werden.
Mit einem klaren Verständnis der rechtlichen Grundlagen und einer guten Zeiterfassungslösung vermeiden Sie Fehler, sparen Zeit – und handeln im Sinne Ihrer Mitarbeitenden.