EuGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung: Das müssen Sie 2025 wissen
Am 14. Mai 2019 traf der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) im Rahmen des sogenannten „Stechuhr-Urteils“ eine Grundsatzentscheidung und stellte fest, dass die Zeiterfassung für Arbeitgeber in der EU Pflicht ist.

Arbeitgeber müssen die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter täglich, systematisch und lückenlos erfassen. Die einzelnen Mitgliedstaaten der EU sind verpflichtet, entsprechende nationale, datenschutzkonforme Vorschriften zu erlassen, die die Zeiterfassungspflicht für Arbeitgeber regeln.
Inhaltsverzeichnis
1. Das Urteil im Überblick
1.1 Warum hat der EuGH dieses Urteil zur Zeiterfassung gefällt?

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) geht auf eine Klage der spanischen Gewerkschaft CCOO gegen die Deutsche Bank zurück. Der EuGH entschied im Fall C-55/18, dass Arbeitgeber ein System zur Arbeitszeiterfassung einführen müssen, da ohne eine solche Erfassung die tatsächliche Arbeitszeit und Überstunden nicht nachweisbar seien. Das vollständige Urteil können Sie hier nachlesen.
1.2 Pflicht zur Arbeitszeiterfassung
Der EuGH hat mit dem Stechuhr-Urteil festgestellt, dass Arbeitgeber die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten systematisch und lückenlos erfassen müssen. Der EuGH begründete sein Urteil damit, dass nur so die Einhaltung der Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten gemäß der EU-Arbeitszeitrichtlinie sichergestellt werden können. Daher müssen die Mitgliedsstaaten der EU ihre Arbeitgeber auf nationaler Ebene zur Arbeitszeiterfassung verpflichten.

Alles was Sie zur Arbeitszeiterfassungspflicht wissen müssen und jetzt gerade in Deutschland gilt erläutern wir ausführlich in unserem Blog-Artikel zu diesem Thema:
1.3 Anforderungen des EuGH an ein System zur Arbeitszeiterfassung
Folgende Kriterien müssen Zeiterfassungssysteme zumindest erfüllen

Objektiv und manipulationssicher: Das System muss eine präzise und unparteiische Erfassung der Arbeitszeiten ermöglichen. Es muss zudem sichergestellt werden, dass die tatsächlichen Arbeitsstunden korrekt und vollständig aufgezeichnet werden und keine Manipulation der Zeiten möglich ist.
Verlässlich und nachweislich: Alle Daten müssen sicher gespeichert werden und die Zeiterfassung muss gegen Datenverlust geschützt sein. Zur Beweissicherung darf es zudem nicht möglich sein, einmal dokumentierte Zeiten zu verändern.
Zugänglich: Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer müssen problemlos Zugang zu den erfassten Arbeitszeiten haben. Dies ermöglicht Transparenz und Überprüfbarkeit, sodass beide Parteien die erfassten Zeiten einsehen und kontrollieren können.

Beachten Sie!
Datenschutz ist bei der Einführung und Nutzung von Zeiterfassungssystemen von zentraler Bedeutung!
Mit einer sorgfältigen Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung in Ihrem Unternehmen stellen Sie sicher, dass sowohl die rechtlichen Anforderungen erfüllt sind als auch der Datenschutz Ihrer Mitarbeiter gewährleistet ist.
Um die Privatsphäre der Mitarbeiter zu schützen, sollten Sie die Prinzipien, die auf EU Ebene durch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) bindend festgelegt sind, berücksichtigen. Alle wichtigen Informationen dazu finden Sie in diesem detaillierten Artikel:
Wie genau die Arbeitszeit der Beschäftigten erfasst werden soll, hat der EuGH nicht ausdrücklich definiert. Die Form der Zeiterfassung können Sie also frei wählen.
Für die Ausgestaltung sind die Gesetzgeber der Mitgliedsstaaten selbst verantwortlich. Theoretisch kann die Arbeitszeit sowohl mit der Hand per Stift und Papier oder in Excel als auch mit einem digitalen Zeiterfassungssystem dokumentiert werden.

Experten-Tipp
Die Arbeitszeiten der Mitarbeiter manuell auf Papier oder in Excel-Listen zu erfassen, ist keine optimale Lösung. Das Risiko ungenauer Daten ist hoch und die handschriftliche Zeiterfassung verursacht erheblichen Mehraufwand für die Mitarbeiter.
Dadurch gehen sehr viele wertvolle Arbeitsstunden verloren und die Einhaltung rechtlicher Vorschriften kann nur schwer gewährleistet werden.
Mehr als 3.000 Unternehmen, die timr täglich im Einsatz haben, sind sich einig
Digitale Zeiterfassung ist die effizienteste Art der Arbeitszeiterfassung.
2. Was bedeutet das EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung für Deutschland genau?

In Deutschland war eine verpflichtende Zeiterfassung bisher nur für bestimmte Branchen im Rahmen des Mindestlohngesetzes vorgesehen. Darüber hinaus mussten bisher laut Arbeitszeitgesetz nur Überstunden, die über die Regelarbeitszeit von 8 Stunden hinausgehen, erfasst werden.
Aufgrund des Stechuhr-Urteils müssen in Zukunft alle deutschen Arbeitgeber nun Systeme zur Arbeitszeiterfassung schaffen, die eine objektive, verlässliche und zugängliche Zeiterfassung ermöglichen und alle datenschutzrechtlichen Anforderungen erfüllen.
2.1 Ab wann gilt das EuGH-Urteil in Deutschland?
Das Urteil ist seit seiner Veröffentlichung für Deutschland rechtsverbindlich, da es unmittelbare Wirkung hat. Dies liegt daran, dass der EuGH seine Entscheidung auf Art. 31 Abs. 2 der Grundrechtecharta der EU stützt, die unmittelbar rechtsverbindlich ist und unmittelbare Rechte für EU-Bürger schafft.
2.2 Bedeutet die Arbeitszeiterfassungspflicht das Ende der Vertrauensarbeitszeit in Deutschland?
Nein. Die Arbeitszeiterfassungspflicht erfordert Anpassungen in der Dokumentation von Arbeitszeiten, aber sie bedeutet nicht das Ende der Vertrauensarbeitszeit. Unternehmen können weiterhin flexible Arbeitsmodelle anbieten, solange sie sicherstellen, dass die gesetzlichen Vorgaben zur Arbeitszeit eingehalten und dokumentiert werden.

Unser Expertentipp
Gerade bei flexiblen Arbeitszeitmodellen wie Vertrauensarbeitszeit oder Gleitzeit, empfehlen wir die Nutzung von digitalen Zeiterfassungsprogrammen wie timr!
Die Einführung von Arbeitszeiterfassungssystemen schließt nicht aus, dass Mitarbeiter weiterhin flexibel arbeiten können. Es bedeutet lediglich, dass die geleisteten Arbeitsstunden nachvollziehbar dokumentiert werden.
Moderne Zeiterfassungssysteme wie timr sind sehr benutzerfreundlich und minimieren Ihren administrativen Aufwand bei der Arbeitszeitkontrolle und -verwaltung.
Gleichzeitig haben Sie eine rechtskonforme Lösung, mit der Sie Ihre bestehenden Arbeitszeitmodelle abbilden können.
Mit timr setzen Sie auch Vertrauensarbeitszeit mühelos um und wahren dabei die Balance zwischen Flexibilität und rechtlicher Konformität.
Ihre Mitarbeiter nutzen zudem eine urteilskonforme Zeiterfassung, die auch noch Spaß macht. Sie können die Arbeitszeiten von überall aus erfassen – am PC oder am Smartphone, im Büro, Home Office oder von unterwegs.
2.3 Bisherige Entwicklung zur Umsetzung der Arbeitszeiterfassungspflicht in Deutschland
In Deutschland hat der nationale Gesetzgeber bisher noch kein Gesetz erlassen, um das Urteil des EuGH in nationales Recht umzusetzen. Folgende Schritte sind bisher erfolgt:
- EuGH-Urteil 2019 – Startschuss für die Zeiterfassungspflicht: Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs war der Ausgangspunkt für die Debatte über die Zeiterfassungspflicht und sorgte in Deutschland für Aufmerksamkeit, blieb jedoch zunächst ohne konkrete Folgen.
- BAG-Urteil 2022 – Zeiterfassungspflicht bestätigt: Am 13. September 2022 (1 ABR 22/21) bestätigte das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung in Deutschland. Damit setzte das BAG das EuGH-Urteil um und unterstrich, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, ein System zur Erfassung der Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten einzuführen.
- Referentenentwurf des BMAS 2023 – Vorschlag zur Ausgestaltung der Zeiterfassungspflicht: Im Juni 2023 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) einen Referentenentwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes vorgelegt.
Das sieht der Referententwurf für die Zeiterfassung vor:

- Pflicht zur Arbeitszeiterfassung: Arbeitgeber müssen die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter vollständig und genau erfassen.
- Elektronische Erfassung: Die Arbeitszeiterfassung soll elektronisch erfolgen, um die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Daten zu gewährleisten.
- Datenschutz: Der Entwurf betont den Schutz der persönlichen Daten der Mitarbeiter und stellt sicher, dass diese Daten nur für gesetzlich vorgeschriebene Zwecke verwendet werden.
- Kontrollen und Sanktionen: Es sind Maßnahmen zur Kontrolle durch die zuständigen Behörden und Sanktionen für Verstöße vorgesehen.
3. Umsetzung des EuGH-Urteils in Deutschland 2025
Obwohl es mit dem Referentenentwurf des BMAS 2023 bereits einen Anlauf gegeben hat das EuGH-Urteil in nationales Recht umzusetzen, ist mit einer Umsetzung in naher Zukunft wohl nicht zu rechnen.
Da bisher keine entsprechenden nationalen Gesetzesänderungen erlassen wurden, befinden sich Unternehmen damit in einer Art Übergangsprozess. Durch das BAG Urteil sind aber bereits jetzt alle deutschen Arbeitgeber zur umfassenden Zeiterfassung verpflichtet.
Betriebe müssen sich jedenfalls auf strengere Vorgaben zur Arbeitszeiterfassung einstellen und letztendlich ein entsprechendes System implementieren, das den Anforderungen gerecht wird.
Bis ein neues Arbeitszeitgesetz erlassen wird, das konkrete Rahmenbedingungen enthält, gelten für Sie jedenfalls weiterhin die bereits bestehenden gesetzlichen Vorschriften.