Minusstunden in Deutschland – Die wichtigsten Informationen im Überblick

Autor: Nina Zimmer
Kategorien: Arbeitszeit
Veröffentlicht:

Minusstunden sind ein häufig diskutiertes Thema in der deutschen Arbeitswelt und werfen schnell zahlreiche Fragen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf. 

Doch was genau sind Minusstunden? Unter welchen Bedingungen sind sie erlaubt? Wie werden sie erfasst, und was geschieht im Falle einer Kündigung?

In diesem Artikel fassen wir die wichtigsten Aspekte für Sie zusammen.

1. Was sind Minusstunden in Deutschland?

Minusstunden entstehen, wenn ein Arbeitnehmer zeitlich weniger arbeitet, als es seine vertraglich vereinbarte Soll-Arbeitszeit vorsieht.

Sie sind das Pendant zu Überstunden, werden auch als Minderstunden bezeichnet und auf einem Arbeitszeitkonto erfasst. 

minusstunden

Ein Beispiel

Ein Arbeitnehmer hat laut Vertrag eine Sollarbeitszeit von 40 Stunden pro Woche. Wenn er in einer Woche nur 35 Stunden arbeitet, entstehen 5 Minusstunden. 

Je nach betrieblicher Regelung sind diese Minusstunden entweder nachzuarbeiten, anderweitig auszugleichen oder vom Lohn abzuziehen

Ob tatsächlich eine Minusstunde vorliegt, hängt von mehreren Faktoren ab, z.B. ob ein flexibles Arbeitszeitmodell vorliegt oder etwa ein Ausgleichszeitraum vereinbart wurde.

Beispiele

  • Bei einem Arbeitsverhältnis mit einem fest vereinbarten Stundenausmaß von 20 Stunden pro Woche wurden 19 Wochenstunden geleistet. Die „fehlende“ 20. Arbeitsstunde gilt bereits als Minusstunde.
  • In einem Gleitzeitmodell können Minusstunden fortlaufend entstehen, werden jedoch in der Regel durch Überstunden oder zukünftige Arbeitszeit wieder ausgeglichen. Erst am Ende der Gleitzeitperiode werden allfällige negative Zeitsalden als Minusstunden dann relevant.

Expertentipp

Legen Sie gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern klare Regelungen fest, ob und in welchem Umfang Minusstunden zulässig sind. Definieren Sie zudem, wie diese ausgeglichen werden – sei es durch Verrechnung mit Überstunden oder alternative Modelle wie Gleitzeitkonten. Eine transparente Vereinbarung schafft Planungssicherheit und verhindert Missverständnisse.

2. Gesetzliche Grundlagen zu Minusstunden in Deutschland

2.1. Wie sind Minusstunden gesetzlich geregelt?

In Deutschland gibt es kein konkretes Gesetz, das den Umgang mit Minusstunden eindeutig regelt. 

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) legt u. a. zwar maximale Arbeitszeit, Ruhezeiten und Pausen fest, enthält jedoch keine direkten Vorgaben zu Minusstunden. 

Arbeitgeber in Deutschland haben somit einen erheblichen Gestaltungsspielraum, wie Minusstunden gehandhabt werden.

Betriebe können dies eigenständig bzw. in Abstimmung mit dem Betriebsrat festlegen.

Voraussetzung ist jedoch, dass diese Regelungen in einem Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung verankert sind und die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung eingehalten wird.

Wussten Sie schon?

Seit dem BAG-Urteil aus dem Jahr 2022 sind alle deutschen Arbeitgeber verpflichtet, den Beginn, das Ende und die Dauer der täglichen Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter systematisch, transparent und lückenlos zu dokumentieren. Zudem müssen die Stundenzettel für einen bestimmten Zeitraum aufbewahrt werden.

Nähere Informationen dazu finden Sie in unseren folgenden Beiträgen: Pflicht zur Arbeitszeiterfassung und Aufbewahrungsfrist für Arbeitszeitnachweise.

2.2. Wie viele Minusstunden sind in Deutschland erlaubt?

Es gibt keine gesetzliche Obergrenze für Minusstunden. Jedoch dürfen Arbeitgeber nicht willkürlich Minusstunden anordnen. Häufig legen Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge maximale zulässige Minusstunden fest. Arbeitnehmer sollten darauf achten, dass diese Regelungen schriftlich festgehalten sind.

Info

3. Wann dürfen Arbeitnehmer Minusstunden machen?

Grundsätzlich dürfen Minusstunden nur mit einem Arbeitszeitkonto entstehen.

Das bedeutet: Ein Arbeitszeitkonto ist eine grundlegende Voraussetzung für das Entstehen von Minusstunden. Ohne ein solches Konto sind Minusstunden häufig nicht zulässig. Für die Nutzung eines Arbeitszeitkontos ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erforderlich.

Darüber hinaus sind Minusstunden nur dann erlaubt, wenn:

  • Eine vertragliche Regelung oder eine Regelung in einer Betriebsvereinbarung vorliegt.
  • Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich auf flexible Arbeitszeiten geeinigt haben, beispielsweise im Rahmen von Gleitzeitmodellen.
  • Ein vertraglich festgelegter Ausgleichszeitraum existiert.

Was ist ein Arbeitszeitkonto?

Ein Arbeitszeitkonto ermöglicht eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit Ihrer Mitarbeiter. Auf dem Arbeitszeitkonto werden die geleisteten Arbeitsstunden laufend erfasst und mit der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit abgeglichen. Auf diese Weise können am Arbeitszeitkonto sowohl Überstunden als auch Minusstunden entstehen.

Nur dokumentierte Stunden, ob Überstunden oder Minusstunden, können gesetzlich geltend gemacht werden.

4. Wie müssen Minusstunden in Deutschland erfasst werden?

Minusstunden müssen über ein ordnungsgemäß geführtes Arbeitszeitkonto erfasst werden. Um Arbeitsstunden (sowohl Plus- als auch Minusstunden) geltend machen zu können, ist es erforderlich, dass diese korrekt und vollständig dokumentiert sind. Die Verantwortung dafür liegt beim Arbeitgeber.

Unsere Empfehlung:

Nutzen Sie ein digitales Arbeitszeitkonto, um jederzeit den Überblick zu behalten:

  • Automatische Erfassung von Plus- und Minusstunden
  • Übersicht für Arbeitgeber und Mitarbeiter in Echtzeit
  • Korrekte Dokumentation nach gesetzlichen Vorgaben
  • Einfach zu bedienen
  • Modernes, flexibles Tool für jedes Arbeitszeitmodell
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5. Was sind die Ursachen für Minusstunden?

Minusstunden können entweder durch verschiedene betriebliche Gründe auf Arbeitgeberseite oder persönliche Gründe des Mitarbeiters entstehen.

5.1. Minusstunden durch Arbeitnehmer verursacht

  • Flexible Arbeitszeitmodelle – Wird in flexiblen Arbeitszeitmodellen weniger als die vereinbarte Sollzeit gearbeitet, entstehen Minusstunden, die jedoch zu einem späteren Zeitpunkt wieder eingearbeitet werden.
  • Persönliche Gründe – Verspätungen, frühzeitiges Verlassen des Arbeitsplatzes oder private Verpflichtungen können zu Minusstunden führen.

5.2. Minusstunden durch Arbeitgeber verursacht

  • Arbeitsausfall und fehlende Einsatzmöglichkeiten  – Fehlende Aufträge, saisonale Schwankungen oder vorübergehende Betriebsschließungen können dazu führen, dass ein Mitarbeiter bereit zur Arbeit ist, jedoch aufgrund betrieblicher Umstände nicht genug arbeiten kann.
  • Fehlende oder unklare Arbeitszeitdokumentation – Unvollständige oder fehlerhafte Zeiterfassung kann fälschlicherweise Minusstunden ausweisen.

6. Dürfen Arbeitgeber Minusstunden vom Lohn abziehen?

Sind die Minusstunden auf ein Verschulden des Mitarbeiters zurückzuführen – also z.B. wenn er zu spät kommt oder wenn er seine Arbeitszeit eigenständig organisiert und dabei nicht die vereinbarte Soll-Arbeitszeit erfüllt – kann ein Gehaltsabzug drohen.

Arbeitgeber dürfen jedoch keine Minusstunden vom Gehalt abziehen, wenn sie selbst die fehlende Arbeit zu verantworten haben, etwa durch zu wenige Arbeitsaufträge oder einen Dienstplanfehler.

Wichtig ist, dass Regelungen zu Zeitschulden und deren Ausgleich (z. B. durch Nacharbeit, Überstundenverrechnung oder Lohnabzug) im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung klar festgelegt sind.

7. Was sind keine Minusstunden?

Nicht jede „fehlende Stunde“ kann automatisch als Minusstunde angerechnet werden. Es gibt zahlreiche Situationen, in denen Minusstunden nicht angerechnet werden dürfen:

7.1. Krankheit

Minusstunden bei Krankheit

Gemäß § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Krankheitsbedingte Ausfälle dürfen somit keine Minusstunden zur Folge haben.

7.2. Urlaub

Urlaubszeiten sind laut Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) ebenfalls von der Sollarbeitszeit abzugrenzen. Minusstunden dürfen hier nicht verrechnet werden.

7.3. Feiertage

An gesetzlichen Feiertagen besteht keine Arbeitspflicht. Laut § 2 EntgFG zählen Feiertage als Arbeitszeit und dürfen daher keine Minusstunden verursachen.

7.4. Fortbildung

Wird eine Fortbildung beruflich angeordnet oder der Anspruch auf Bildungsurlaub genutzt, zählt die Teilnahme als reguläre Arbeitszeit. Es entstehen somit keine Minusstunden.

8. Was passiert mit Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto bei einer Kündigung?

Bei einer Kündigung stellt sich oft die Frage, wie mit verbleibenden Minusstunden umgegangen wird. Laut Rechtsprechung dürfen Minusstunden nur dann vom letzten Gehalt abgezogen werden, wenn dies vorher klar vereinbart wurde. Andernfalls trägt der Arbeitgeber das Risiko für unzureichend ausgelastete Arbeitszeiten.

Minusstunden bei Kündigung

Zuverlässiges Tool zur Arbeitszeiterfassung

9. Tipps für den Umgang mit Minusstunden

  1. Rechtliche Grundlagen kennen – Informieren Sie sich über das Arbeitszeitgesetz sowie die im Betrieb geltenden Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, um zu verstehen, wie Minusstunden geregelt sind.
  2. Arbeitszeiten genau erfassen – Kommen Sie Ihrer Arbeitszeiterfassungspflicht nach und dokumentieren Sie Arbeitszeiten lückenlos, um Minusstunden korrekt zu erkennen und nachzuvollziehen.
  3. Arbeitszeitkonto nutzen – Führen Sie ein Arbeitszeitkonto, um Minusstunden in Echtzeit zu überwachen und frühzeitig darauf reagieren zu können.
  4. Aufbewahrungsfristen beachten – Halten Sie sich an die gesetzliche Pflicht, Arbeitszeitnachweise mindestens zwei Jahre lang aufzubewahren, um bei Unstimmigkeiten abgesichert zu sein.
  5. Klare Regelungen zu Minusstunden treffen – Legen Sie bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses fest, wie mit Minusstunden umgegangen wird, z. B. ob sie nachgearbeitet oder mit Überstunden verrechnet werden.
  6. Vereinbarungen schriftlich festhalten – Dokumentieren Sie alle Absprachen zu Minusstunden verbindlich, um Missverständnisse zu verhindern.
  7. Digitales Zeiterfassungssystem nutzen – Verwenden Sie ein modernes, digitales Tool wie timr, um Minusstunden automatisch zu erfassen und eine transparente Übersicht zu behalten.
Tipps Minusstunden

10. Die wichtigsten Fragen zu Minusstunden

Wie werden Minusstunden abgebaut?

Minusstunden können auf verschiedene Weise abgebaut werden, wobei eine Absprache zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wichtig ist:

  • Mehrarbeit: Mitarbeiter leisten zusätzliche Arbeitsstunden, um ihr Arbeitszeitkonto wieder auszugleichen.
  • Flexible Arbeitszeitmodelle: In arbeitsintensiven Phasen werden Plusstunden gesammelt, die später zum Abbau von Minusstunden genutzt werden können.
  • Urlaubstage: Sofern eine vertragliche Vereinbarung vorliegt, kann Urlaub zum Ausgleich von negativen Zeitkonten eingesetzt werden. Dies sollte aber die Ausnahme bleiben, da Urlaub der Erholung dient.
  • Individuelle Vereinbarungen: Arbeitgeber und Arbeitnehmer können individuelle Vereinbarungen festlegen, etwa zeitlich befristete Anpassung der Arbeitszeiten oder den Verzicht auf Minusstunden, sofern diese im Einklang mit dem Arbeitsrecht stehen.

Darf der Arbeitgeber Minusstunden anordnen?

Grundsätzlich dürfen Sie Minusstunden als Arbeitgeber nicht anordnen.

Ausnahmen sind nur dann möglich, wenn entsprechende Regelungen schriftlich festgelegt wurden. Dazu zählen Vereinbarungen im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung.

Darin muss ausdrücklich geregelt sein, dass Minusstunden unter bestimmten Umständen zulässig sind und zu einem späteren Zeitpunkt ausgeglichen werden dürfen (z. B. bei saisonalen Schwankungen).

Können Minusstunden verfallen?

Nein, Minusstunden verfallen nicht automatisch. Ob und wann sie verfallen können, hängt von den individuellen Vereinbarungen im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung ab.

Manche Unternehmen legen z. B. klare Fristen fest. Werden Minusstunden nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums ausgeglichen, können sie unter Umständen verfallen.

Dürfen Minusstunden mit Urlaub verrechnet werden?

Nein, dies ist in der Regel unzulässig.

Urlaub dient der Erholung und darf nicht als Ausgleich für Minusstunden verwendet werden.

Sind Minusstunden ein Kündigungsgrund?

In der Regel führen Minusstunden allein nicht zu einer Kündigung.

Allerdings können sie in Kombination mit wiederholtem Fehlverhalten oder der Nichteinhaltung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Bevor es jedoch zu einer Kündigung kommt, sollten Sie als Arbeitgeber zunächst mildere Maßnahmen ergreifen, wie persönliche Gespräche oder Abmahnungen. Erst wenn sich das Verhalten trotz wiederholter Hinweise nicht ändert, können anhaltende Minusstunden möglicherweise einen Kündigungsgrund darstellen.