Sonderurlaub ohne Stolperfallen: So klappt’s im Arbeitsalltag

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Ob Hochzeit, Geburt des eigenen Kindes oder Pflege von erkrankten Familienangehörigen: Es gibt verschiedene Situationen, in denen Mitarbeiter kurzfristig von der Arbeit freigestellt werden möchten.

Möglich ist dies im Rahmen des Sonderurlaubs.

Doch wann genau haben Arbeitnehmer Anspruch auf Sonderurlaub? Wie lange dauert die Freistellung und wie muss diese vereinbart werden?

In diesem Beitrag erfahren Sie, was bei Sonderurlaub in Deutschland rechtlich zu beachten ist und wie Sie dies im Unternehmen klar und fair regeln ohne Stolperfallen.

1. Was ist Sonderurlaub?

Sonderurlaub ist eine bezahlte Freistellung von der Arbeit für eine bestimmte Anzahl an Tagen.

Arbeitnehmer können bei ihrem Arbeitgeber Sonderurlaub für gewisse Gründe beantragen, wie Hochzeit, Umzug aus beruflichen Anlässen oder Geburt des eigenen Kindes.

Der Sonderurlaub wirkt sich dabei nicht auf den gesetzlichen Erholungsurlaub aus.

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2. Gibt es einen gesetzlichen Anspruch auf Sonderurlaub?

Der Anspruch auf Sonderurlaub ergibt sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB).

Laut § 616 BGB dürfen Arbeitnehmer kurzzeitig von der Arbeit fernbleiben, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:

  • Die Dauer der Verhinderung ist „nicht erheblich“, das bedeutet,sie muss sich auf einen überschaubaren Zeitraum beschränken.
  • Der Beschäftigte ist direkt betroffen.
  • Der Mitarbeiter hat die Situation nicht selbst verschuldet.

Während dieser Freistellung bekommt der Arbeitnehmer sein Entgelt weiterhin gezahlt.

Achtung

Der gesetzliche Anspruch nach § 616 BGB gilt nicht uneingeschränkt. Als Arbeitgeber können Sie diesen Anspruch durch Arbeitsverträge, Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen eingrenzen oder genauer regeln.

Das bedeutet: § 616 BGB greift nur dann, wenn keine speziellere Regelung im Unternehmen existiert.

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3. Wie viele Tage Sonderurlaub bekommen Mitarbeiter

Ob und in welchem Umfang Sonderurlaub gewährt wird, hängt vom Einzelfall und den individuellen Regelungen im Unternehmen ab.Dabei orientieren sich viele Arbeitgeber oft am Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Dieser nennt konkrete Anlässe für Sonderurlaub und legt die jeweilige Dauer fest:

GrundDauer
Geburt des eigenen Kindes1 Tag
Tod eines nahen Familienangehörigen2 Tage
Umzug aus beruflichen Gründen1 Tag
25- und 40-jähriges Arbeitsjubiläum1 Tag
Schwere Erkrankung eines Angehörigen im selben Haushalt1 Tag
Schwere Erkrankung eines Kindes bis zum 12. LebensjahrBis zu 4 Tage
Schwere Erkrankung einer BetreuungspersonBis zu 4 Tage
Ärztliche Behandlungen, die außerhalb der Arbeitszeit nicht möglich sindDauer der Behandlung und erforderliche Wegezeiten

4. Für welche Anlässe gibt es Sonderurlaub?

4.1. Sonderurlaub bei Hochzeit

Sonderurlaub bei Hochzeit

Mitarbeiter können Sonderurlaub für die eigene Hochzeit erhalten – vorausgesetzt, der Arbeits-, Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung schließt § 616 BGB nicht aus oder regelt den Anspruch ausdrücklich.

In der Praxis wird dabei häufig 1 Tag bezahlter Sonderurlaub für die Hochzeit gewährt.

Bei anderen familiären Anlässen wie der Hochzeit der eigenen Kinder oder Eltern kann ebenfalls ein Anspruch bestehen, sofern keine vertraglichen Ausschlüsse vorliegen.

Beispiel

Alex heiratet an einem Freitag standesamtlich und beantragt für diesen Tag Sonderurlaub bei seinem Chef, da er an Freitagen normalerweise arbeitet.

In seinem Arbeitsvertrag ist § 616 BGB nicht ausgeschlossen und es gibt auch sonst keine speziellen Regelungen dazu in einer Betriebsvereinbarung oder einem entsprechenden Tarifvertrag.

Der Arbeitgeber gewährt ihm daraufhin einen bezahlten Arbeitstag Sonderurlaub.

4.2. Sonderurlaub bei Umzug

In der Regel hängt es vom Grund für den Umzug ab, ob Sonderurlaub gewährt wird oder nicht. Wenn der Umzug aus beruflichen Gründen erfolgt, kann der Arbeitnehmer Sonderurlaub geltend machen.

Bei einem Umzug aus privaten Gründen gibt es in der Regel keinen Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub.

Beispiel

Nadine wird an einen anderen Standort versetzt, da sie dort dringend gebraucht wird, um eine neue Abteilung zu leiten.

Für ihren Umzug bekommt sie deshalb 1 Tag Sonderurlaub gewährt.

4.3. Sonderurlaub bei Geburt des eigenen Kindes

Für die Geburt des eigenen Kindes können Väter Sonderurlaub erhalten, sofern der Anspruch vertraglich nicht ausgeschlossen wurde. Häufig werden dafür 1 bis 3 Tage Sonderurlaub gewährt.

Für Mütter greift in diesem Fall das Mutterschutzgesetz. Sie sind somit ohnehin von der Arbeit freigestellt.

Beispiel

Robert wird bald Vater und möchte am Tag der Geburt seines Kindes Sonderurlaub beantragen.

Da sein Arbeitsvertrag keine Einschränkungen enthält, bewilligt ihm seine Chefin für diesen Anlass 1 Tag Sonderurlaub.

4.4. Sonderurlaub bei Arztbesuch

Arbeitnehmer müssen ihre Arzttermine grundsätzlich außerhalb der Arbeitszeit vereinbaren, sofern dies möglich und zumutbar ist.

Manchmal gibt es jedoch Situationen, in denen das nicht möglich ist.

Das betrifft zum Beispiel folgende Fälle:

  • Akute Erkrankungen wie Fieber oder Zahnschmerzen
  • Untersuchungen, die nur an bestimmten Tagen oder zu gewissen Uhrzeiten erfolgen können (z. B. Blutabnahmen am Morgen)
  • Medizinisch notwendige Untersuchungen (z. B. Röntgenaufnahmen)
  • Arztpraxis vergibt keine Termine außerhalb der Arbeitszeit
Sonderurlaub Arzttermin

In diesen Fällen bekommen Mitarbeiter Sonderurlaub für die Dauer des Arzttermins und der Wegezeiten gewährt.

Beispiel

Sabine hat starke Zahnschmerzen und benötigt kurzfristig einen Termin beim Zahnarzt. Da die Arztpraxis nur vormittags geöffnet ist und sie sonst ganztags arbeitet, kann sie den Termin nicht außerhalb ihrer Arbeitszeit legen.

Sabine informiert ihren Arbeitgeber und bekommt für die Dauer des Arztbesuchs inklusive der Wegezeiten zwischen Praxis und Büro Sonderurlaub gewährt.

4.5. Sonderurlaub bei Erkrankung und Pflege von Familienangehörigen

Erkrankt ein Familienangehöriger und ist auf Pflege angewiesen, kann Sonderurlaub gewährt werden.

Allerdings gibt es keine pauschale Regelung darüber, welche Familienangehörigen unter diesen Anspruch fallen.  Typischerweise betrifft das jedoch folgende Angehörige:

  • Ehe- oder Lebenspartner
  • Eltern
  • Geschwister
  • Eigene Kinder

Häufig ist auch ein gemeinsamer Haushalt mit den Angehörigen Voraussetzung. Ob somit Anspruch auf Sonderurlaub für die Betreuung von erkrankten Familienangehörigen besteht, hängt vom konkreten Einzelfall ab.

Darüber hinaus gilt: Wenn eine andere geeignete Betreuung, z. B. durch eine Person außerhalb des eigenen Haushalts, möglich und zumutbar ist, müssen Sie als Arbeitgeber keine bezahlte Freistellung gewähren.

Beispiel

Jakob muss seine Mutter pflegen, die plötzlich schwer erkrankt und auf Hilfe angewiesen ist. Da Jakob mit seinem Arbeitgeber im Gespräch klärt, dass keine andere geeignete Betreuungsperson verfügbar ist, bewilligt ihm dieser Sonderurlaub.

4.6. Sonderurlaub bei Erkrankung und Pflege der eigenen Kinder

Wird ein Kind krank und benötigt Pflege, können berufstätige Eltern bezahlten Sonderurlaub beantragen, sofern folgende Voraussetzungen gegeben sind:

  • Das Kind ist unter 12 Jahre alt und lebt im selben Haushalt wie der betreuende Elternteil.
  • Es liegt eine ärztliche Bestätigung vor, dass das Kind gepflegt werden muss.
  • Keine andere im Haushalt lebende Person kann die Betreuung übernehmen.

Während die bezahlte Freistellung für die Pflege erkrankter Kinder in manchen Tarifverträgen bis zu 4 Tage beträgt (z. B. Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes), schließen andere Branchen oder Arbeitgeber einen derartigen Anspruch völlig aus.

Besteht für Mitarbeiter tarif- oder arbeitsvertraglich kein Anspruch, haben Sie das Recht auf  unbezahlten Urlaub nach § 45 des Fünften Sozialgesetzbuches (SGB V). Zudem können die Eltern prüfen, ob möglicherweise Kinderkrankengeld als Lohnersatz bei ihrer Krankenversicherung beantragt werden kann.

Beispiel

Daniel arbeitet in einem Büro und seine sechsjährige Tochter wird plötzlich krank. Er legt seinem Chef eine ärztliche Bescheinigung vor, dass seine Tochter gepflegt werden muss.

Da in Daniels Arbeitsvertrag § 616 BGB nicht ausgeschlossen ist, beantragt er bei seinem Chef Sonderurlaub.

Sein Arbeitgeber gewährt Daniel daraufhin bis zu 4 Tage bezahlte Freistellung.

4.7. Sonderurlaub bei Todesfällen und Beerdigungen

Beim Tod eines nahen Angehörigen kann Sonderurlaub gewährt werden. Als nahe Angehörige gelten zum Beispiel Ehepartner, eigene Kinder oder Eltern.

In der Regel hängt die Dauer des Sonderurlaubs von der Beziehung der verstorbenen Person zum Mitarbeiter ab. Üblich sind dabei 1 bis 3 Tage.

Beispiel

Vanessa verliert ihren Vater und beantragt bei ihrer Arbeitgeberin 3 Tage Sonderurlaub für die Trauerzeit und die Beerdigung.

Ihre Arbeitgeberin bewilligt den Antrag, damit Vanessa Zeit für die notwendigen Vorbereitungen und die Abschiednahme hat.

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5. Kann § 616 BGB abgeändert oder ausgeschlossen werden?

Der Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub nach § 616 BGB kann vertraglich ausgeschlossen oder eingeschränkt werden, etwa im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung.Wie bereits weiter oben erwähnt, regelt zum Beispiel der TVöD konkrete Anlässe und eine festgelegte Anzahl an Tagen, für die Sonderurlaub gewährt wird (vgl. § 29 TVöD).

6. Wie muss Sonderurlaub vereinbart werden?

Sonderurlaub wird grundsätzlich im Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart.

Mitarbeiter sollten ihren Sonderurlaub möglichst unverzüglich beantragen, um eine reibungslose Planung im Betrieb zu ermöglichen.

Als Arbeitgeber legen Sie fest, wie der Antrag zu erfolgen hat (z. B. per E-Mail oder über ein entsprechendes Formular).Alternativ zum Sonderurlaub kann – sofern Überstunden vorhanden sind und ein Arbeitszeitkonto besteht –  auch Freizeitausgleich gewährt werden.

7. Die wichtigsten Fragen zum Sonderurlaub

Hat jeder Mitarbeiter Anspruch auf Sonderurlaub?

Nein, nicht jeder Mitarbeiter hat automatisch Anspruch auf Sonderurlaub. Es hängt davon ab, ob § 616 BGB im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder durch eine Betriebsvereinbarung ausgeschlossen oder eingeschränkt wurde. Ist das nicht der Fall, kann bei einem persönlichen Verhinderungsgrund ein kurzfristiger Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub bestehen.

Ist Sonderurlaub bezahlt?

In der Regel wird Sonderurlaub bezahlt. Das bedeutet: Während der Freistellung behält der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Allerdings kann der genaue Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub von den Regelungen im Tarifvertrag, Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung abhängen.

Wann müssen Arbeitnehmer den Sonderurlaub beantragen?

Mitarbeiter müssen Sonderurlaub vor dem Ereignis beantragen, für das die bezahlte Freistellung gewährt werden soll. Ein Nehmen des Sonderurlaubs, nachdem der Anlass bereits stattgefunden hat, ist in der Regel nicht möglich.

Gilt für Arbeitnehmer eine Nachweispflicht?

Ja, für Beschäftigte besteht eine Nachweispflicht, wenn sie Sonderurlaub beantragen. Sie müssen belegen, dass der Antrag berechtigt ist – zum Beispiel ein Schreiben des Standesamts bei der eigenen Hochzeit.