Urlaubsanspruch bei Krankheit: Wann verfällt Urlaub & wann bleibt er bestehen?
Viele Arbeitnehmer fragen sich, ob ihre Urlaubstage bei Krankheit verfallen oder bestehen bleiben.
Auch Arbeitgeber sind oft unsicher, welche Regeln gelten und welche Pflichten sie haben.

In diesem Beitrag erfahren Sie, wie sich Krankheit auf den Urlaubsanspruch auswirkt, wann Urlaubstage verfallen können und ob eine Auszahlung des Urlaubs möglich ist.
Inhaltsverzeichnis
1. Was sind die rechtlichen Grundlagen beim Urlaubsanspruch bei Krankheit?
Der Urlaubsanspruch von Arbeitnehmern in Deutschland ist im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) geregelt. Darin ist nicht nur festgelegt, wie viele Urlaubstage Beschäftigten gesetzlich zustehen. Das BurlG regelt auch, was im Falle einer Erkrankung während des Urlaubs gilt.
Darüber hinaus hat auch der EuGH in den letzten Jahren einige Urteile erlassen, die sich mit dem Thema Urlaubsanspruch bei Krankheit beschäftigen.
2. Verfällt der Urlaub bei längerer Krankheit?
Wenn ein Arbeitnehmer länger krank ist und dadurch seinen Urlaub innerhalb eines Kalenderjahres nicht nehmen kann, bleibt der Urlaubsanspruch in der Regel bestehen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) verfällt der Urlaub erst 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres (Az. 9 AZR 353/10).
Somit ist die Frist immer der 31. März des nachfolgenden Kalenderjahres. Dieser Zeitraum wird Übertragungszeitraum genannt. In Tarifverträgen kann ein längerer Übertragungszeitraum vereinbart sein.
Allerdings kann der Urlaub nur rechtmäßig verfallen, wenn der Arbeitgeber seine Mitwirkungspflicht erfüllt hat.
So ist es die Pflicht des Arbeitgebers, dass er Beschäftigte
- rechtzeitig auf den drohenden Verfall der Urlaubstage hinweist,
- und Ihnen die Möglichkeit gibt, den Resturlaub noch vor Eintritt einer möglichen Arbeitsunfähigkeit zu nehmen.
Kommt der Arbeitgeber dieser Pflicht nicht nach, dürfen Urlaubstage nicht verfallen – auch nicht nach 15 Monaten.
Dies ergab ein EuGH-Urteil von 2022 (Rechtssachen C-120/21, C-518/20, C-727/20).
2.1. Unterschiedlicher Urlaubsverfall bei Krankheit: Ganzjährig krank vs. teilweise gearbeitet
Ob Urlaubstage bei Krankheit verfallen, hängt auch davon ab, ob Beschäftigte im Urlaubsjahr noch gearbeitet haben oder nicht:
- Ganzjährig krank: Wer vom 1. Januar an durchgehend bis zum 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres krank ist und somit seinen Urlaub nicht antreten kann, verliert seinen Urlaubsanspruch nach 15 Monaten. Die Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers spielt hier keine Rolle, da der Arbeitnehmer den Urlaub ohnehin nicht hätte nehmen können.
- Teilweise gearbeitet: Wenn Beschäftigte im Urlaubsjahr noch gearbeitet haben, bevor sie krank wurden, verfällt der Urlaub nach 15 Monaten nur dann, wenn der Arbeitgeber rechtzeitig auf den Resturlaub hingewiesen hat.
Diese Regelung beruht auf dem EuGH-Urteil vom 22. September 2022 (C-518/20) und wurde vom BAG übernommen (Az. 9 AZR 245/19).

Beispiel
- Sabrina ist seit dem 1. Januar 2023 krankgeschrieben.
- Am 1. August 2025 kehrt sie wieder an ihren Arbeitsplatz zurück.
- Da sie von 1. Januar 2023 bis zum 31. März 2025 durchgehend krank war, verfällt ihr Urlaubsanspruch aus 2023 nach Ablauf der 15-Monatsfrist am 31. März 2025.
- Der Urlaub aus 2024 bleibt hingegen bestehen, da sie vor Ablauf der Frist am 31. März 2026 wieder arbeitsfähig wurde.
- Zusätzlich hat sie Anspruch auf anteiligen Urlaub für 2025, da sie im Laufe des Jahres wieder in den Job zurückgekehrt ist.
2.2. Wann verfällt tariflicher Urlaubsanspruch bei Krankheit?
Oft erhalten Beschäftigte aufgrund des für sie geltenden Tarifvertrags mehr Urlaubstage pro Jahr, als das Gesetz vorschreibt.
Ob und wann dieser tarifliche Urlaubsanspruch bei Krankheit verfällt, hängt von den Regelungen im jeweiligen Tarifvertrag ab. Ein Blick hinein lohnt sich auf jeden Fall!
3. Wie ist der Urlaubsanspruch bei längerer Krankheit geregelt?
3.1. Urlaubsanspruch bei Krankheit über 6 Wochen
Bei einer Krankheit von über 6 Wochen bleibt der Urlaubsanspruch bestehen.
Mitarbeiter können ihren Urlaub später antreten. Bereits genehmigte Urlaubstage, die in den Zeitraum der Krankheit fallen, werden zurückgebucht und können ebenfalls später genommen werden.
Voraussetzung dafür ist ein ärztliches Attest, das die Arbeitsunfähigkeit nachweist.

Gut zu wissen
Nach 6 Wochen Krankheit endet die Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Ab diesem Zeitpunkt erhält der Arbeitnehmer Krankengeld von der Krankenkasse.
3.2. Urlaubsanspruch bei Krankheit über 1 Jahr
Auch Mitarbeiter, die ein ganzes Jahr krankgeschrieben sind, behalten ihren Urlaubsanspruch.
Denn: Die Krankheitszeiten zählen als Beschäftigungszeit. Somit besteht auch während einer langen Erkrankung ein Anspruch auf Erholungsurlaub.
Allerdings kann der Urlaub verfallen, wenn er innerhalb der 15-Monatsfrist nicht genommen wird – sofern der Arbeitgeber seine Mitwirkungspflicht erfüllt hat – oder wenn jemand das gesamte Urlaubsjahr krank war.

3.3. Urlaubsanspruch nach 78 Wochen Krankheit
Nach einer sehr langen Erkrankung (z. B. bei einem Burnout oder einer chronischen Krankheit) bleibt der Urlaubsanspruch ebenfalls bestehen.
Das gilt selbst dann, wenn das Arbeitsverhältnis für eine Zeit ruht – so wie es beim Bezug von Krankengeld der Fall ist.
Da die Verfallsfrist für den Jahresurlaub immer erst am Ende des Urlaubsjahres beginnt, können Beschäftigte auch noch nach 78 Wochen Krankheit ihren Urlaub nehmen – je nach Beginn ihrer Krankheit.
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4. Krankheit und Urlaub: Was gilt in der Praxis?
4.1. Was passiert, wenn Arbeitnehmer während des Urlaubs krank werden?
Der Jahresurlaub soll der Erholung dienen. Dies wird jedoch verhindert, wenn ein Arbeitnehmer im Urlaub krank wird.

In diesem Fall dürfen die betroffenen Tage somit nicht als Urlaubstage gezählt werden. Beschäftigte haben einen gesetzlichen Anspruch darauf, die durch Krankheit verlorenen Urlaubstage später nachzuholen.
Dafür müssen sie ab dem ersten Tag der Krankheit ein ärztliches Attest vorlegen, das die Arbeitsunfähigkeit an den betroffenen Tagen nachweist (vgl. § 9 BUrlG).
Die Mitarbeiter müssen den Urlaub allerdings neu beantragen, um ihn erneut geltend zu machen.
4.2. Was gilt, wenn Arbeitnehmer vor dem Urlaub krank werden?
Wird ein Arbeitnehmer vor dem geplanten Urlaub krank, darf er in Absprache mit dem Arbeitgeber den Urlaub neu planen.
Die Urlaubstage, an denen der Mitarbeiter krank ist, werden nicht vom Jahresurlaub abgezogen.
4.3. Dürfen Mitarbeiter trotz Krankschreibung in den Urlaub fahren?
Ob Arbeitnehmer trotz Krankschreibung in den Urlaub fahren dürfen, hängt vom Einzelfall ab.
Entscheidend ist, dass die geplante Reise der Genesung nicht entgegensteht. Mitarbeiter sollten sich so verhalten, dass ihre Heilung unterstützt wird und dabei ärztliche Anweisungen beachten.
Zum Beispiel:
- Wer mit einer schweren Grippe in den Abenteuerurlaub fährt, riskiert vermutlich eine Verzögerung der Genesung.
- Eine Erholungsreise ans Meer kann hingegen bei einer Depression förderlich sein.

Kennen Sie den Unterschied zwischen einer Krankmeldung und einer Krankschreibung? Die Antwort dazu finden Sie in unserem Beitrag: Krankmeldung – Alle wichtigen Infos auf einen Blick
4.4. Wann besteht kein Anspruch auf Ersatz der Urlaubstage?
In den folgenden Fällen haben Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Ersatz der Urlaubstage:
- Freizeitausgleich: Der Mitarbeiter erkrankt während eines Ausgleichs von Überstunden.
- Erkranktes Kind: Ein Kind des Arbeitnehmers wird während des Urlaubs krank und benötigt Pflege.
5. Wichtige Fragen zum Urlaubsanspruch bei Krankheit
Können Arbeitnehmer sich den Urlaub bei Krankheit auszahlen lassen?
Können Arbeitnehmer sich den Urlaub bei Krankheit auszahlen lassen?
Der Urlaubsanspruch dient der Erholung. Arbeitnehmer können sich somit in der Regel den Urlaub nicht auszahlen lassen.
Eine Urlaubsabgeltung ist nur dann möglich, wenn das Arbeitsverhältnis endet und der betroffene Mitarbeiter seinen Resturlaub nicht mehr bis zum Austritt nehmen kann (vgl. § 7 Abs. 4 BurlG).
Dies ist z. B. der Fall bei einer langen oder schweren Erkrankung, die dazu führt, dass der Arbeitnehmer die Berufstätigkeit nicht wieder aufnehmen kann.
Bekommen Mitarbeiter Urlaubsgeld, wenn sie Krankengeld beziehen?
Bekommen Mitarbeiter Urlaubsgeld, wenn sie Krankengeld beziehen?
Grundsätzlich haben Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsgeld, wenn sie für längere Zeit krankgeschrieben sind.
Eine Ausnahme gilt, wenn eine vertragliche Vereinbarung ausdrücklich festlegt, dass das Urlaubsgeld nur bei tatsächlichem Urlaubsantritt gezahlt wird.
Darüber hinaus erlaubt § 4a Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) Arbeitgebern, Urlaubsgeld als Sondervergütung anteilig zu kürzen, wenn ein Arbeitnehmer während des Bezugszeitraums krankheitsbedingt fehlt.
Hier gelten folgende Bedingungen:
- Die Kürzung darf pro Krankheitstag höchstens ein Viertel des durchschnittlichen täglichen Arbeitsentgelts betragen, das der Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt verdient.
- Voraussetzung ist, dass eine entsprechende Regelung vertraglich mit den Mitarbeitern auch tatsächlich vereinbart wurde.
Kann die Krankenkasse eine Urlaubsabgeltung mit dem Krankengeld verrechnen?
Kann die Krankenkasse eine Urlaubsabgeltung mit dem Krankengeld verrechnen?
Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts darf die Krankenkasse eine Urlaubsabgeltung nicht mit dem Krankengeld verrechnen oder den Krankengeldbezug unterbrechen (Az. B 1 KR 26/05 R).
Haben Arbeitnehmer ein Recht auf Urlaub während einer Wiedereingliederung?
Haben Arbeitnehmer ein Recht auf Urlaub während einer Wiedereingliederung?
Während der Wiedereingliederung gelten Beschäftigte weiterhin als arbeitsunfähig. Sie können deshalb in dieser Zeit keinen Urlaub nehmen.
Trotzdem entstehen Urlaubsansprüche weiter. Erst nach dem erfolgreichen Abschluss der Wiedereingliederung darf Urlaub gewährt werden.
Nur Urlaubstage, deren 15-monatiger Übertragungszeitraum abgelaufen ist, können nicht mehr genommen werden.
Was gilt bei Urlaubsanspruch nach langer Krankheit und anschließender Rente?
Was gilt bei Urlaubsanspruch nach langer Krankheit und anschließender Rente?
Haben Arbeitnehmer beim Renteneintritt noch offene Urlaubstage, besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Urlaubsabgeltung (vgl. § 7 Abs. 4 BurlG).
Das heißt: Der Arbeitgeber muss den Resturlaub ausbezahlen.
Allerdings verfällt dieser Abgeltungsanspruch nach 15 Monaten.
Beschäftigte, die ihren Urlaub wegen längerer Krankheit nicht genommen haben, sollten sich diesen nicht erst beim Renteneintritt, sondern möglichst frühzeitig auszahlen lassen.

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