Urlaubsanspruch bei Kündigung berechnen: Schritt für Schritt erklärt

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Eine Kündigung wirft oft viele Fragen auf. Insbesondere dann, wenn es um den Urlaub geht.

Dürfen Mitarbeiter den Resturlaub noch nehmen oder haben sie Anspruch auf eine Auszahlung? Was gilt für eine ordentliche und eine fristlose Kündigung?

In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Regelungen beim Urlaubsanspruch bei einer Kündigung gelten. Wir erklären

  • wann Sie Urlaubstage ausbezahlen müssen,
  • wie Sie den Resturlaub richtig berechnen inkl. Beispielen, und
  • was Sie bei verschiedenen Kündigungsarten beachten müssen.

1. Wie ist der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch geregelt?

Das Bundesurlaubsgesetz (BurlG) regelt den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch. Dieser richtet sich nach der Anzahl der wöchentlichen oder jährlichen Arbeitstage.

Bei einer 5-Tage-Woche stehen Arbeitnehmern mindestens 20 Urlaubstage pro Jahr zu. Arbeiten Beschäftigte 6 Tage die Woche, beträgt der gesetzliche Urlaubsanspruch mindestens 24 Tage pro Jahr (vgl. § 3 BurlG).

Häufig können jedoch Tarifverträge oder Einzelvereinbarungen im Arbeitsvertrag einen höheren jährlichen Urlaubsanspruch vorsehen als gesetzlich vorgeschrieben.

Lesetipp: Wie Sie den Urlaubsanspruch berechnen (inkl. Urlaubstage Rechner)

2. Was ist der Resturlaub bei Kündigung?

Grundsätzlich bezeichnet Resturlaub jene Urlaubstage, die ein Mitarbeiter innerhalb eines laufenden Kalenderjahres noch nicht in Anspruch genommen hat.

Beim Resturlaub im Rahmen einer Kündigung handelt es sich hingegen um die Urlaubstage, die ein Arbeitnehmer bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses – und nicht bis Jahresende – noch offen hat.

2.1. Was passiert mit Resturlaub bei Kündigung?

Wenn bei einer Kündigung noch Resturlaub offen ist, haben Mitarbeiter das Recht, diesen vor dem Austritt zu nehmen. Als Arbeitgeber können Sie den Urlaub jedoch aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen – z. B. wenn es erforderlich ist, einen Nachfolger in einer anspruchsvollen Tätigkeit einzuarbeiten.

Können Arbeitnehmer ihren Resturlaub nicht mehr nehmen, müssen Sie diesen finanziell abgelten. Man spricht in diesem Fall von der Urlaubsabgeltung.

Wenn Mitarbeiter ihren Urlaub beim alten Arbeitgeber weder nehmen noch ausgezahlt bekommen haben, können sie gem. Bundesurlaubsgesetz den verbleibenden Anspruch auf den neuen Arbeitgeber übertragen. Dafür stellt der alte Arbeitgeber eine Bescheinigung über bereits genommene oder auch ausgezahlte Urlaubstage aus, die sogenannte Urlaubsbescheinigung.

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3. Urlaubsanspruch bei Kündigung nach Zeitpunkt

Wie viele Urlaubstage Mitarbeiter bei einer Kündigung zustehen, hängt davon ab, wann sie aus dem Unternehmen ausscheiden:

  • Kündigung vor dem 30. Juni eines Kalenderjahres
  • Kündigung nach dem 30. Juni eines Kalenderjahres

3.1. Urlaubsanspruch bei Kündigung im 1. Halbjahr

Wenn Arbeitnehmer das Unternehmen in der ersten Jahreshälfte verlassen (bis einschließlich 30. Juni), erhalten sie einen anteiligen Urlaubsanspruch.

Dieser beträgt ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat ihres Arbeitsverhältnisses (vgl. § 5 Abs. 1 c BurlG).

Die Formel zur Berechnung lautet:

Resturlaub = Urlaubstage pro Kalenderjahr / 12 Monate x Anzahl der vollen Monate des Arbeitsverhältnisses eines Kalenderjahres bis zur Kündigung

Beispiel

  • Markus verlässt das Unternehmen zum 31. Mai.
  • Er war in diesem Kalenderjahr 5 volle Monate beschäftigt (01.01. bis 31.05.).
  • In seinem Arbeitsvertrag wurde ein Jahresurlaub von 28 Tagen vereinbart.
  • Berechnung: 28 Urlaubstage / 12 Monate x 5 Monate = 11,67 Urlaubstage
  • Ergebnis: Markus hat somit einen Anspruch auf 11,67 bzw. aufgerundet auf 12 Urlaubstage.
Urlaubsanspruch bei Kündigung im 1. Halbjahr

Achtung

Kommt es bei der Urlaubsberechnung zu Bruchteilen, die mindestens einen halben Tag ergeben, wird auf volle Urlaubstage aufgerundet (vgl. § 5 Abs. 2 BUrlG).

3.2. Urlaubsanspruch bei Kündigung im 2. Halbjahr

Wenn Arbeitnehmer während der zweiten Jahreshälfte aus dem Unternehmen ausscheiden (nach dem 30. Juni), haben sie Anspruch auf den vollen gesetzlichen Mindesturlaub.

Sieht der Arbeitsvertrag einen über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden Zusatzurlaub vor, greift eine andere Bestimmung. In diesem Fall hängt es dann davon ab, ob der Arbeitsvertrag eine „pro rata temporis“-Regelung enthält.

Diese Klausel besagt: Der Zusatzurlaub darf nur zeitanteilig gewährt werden.

Wichtig

Trotz vorhandener „pro rata temporis“-Regelung darf der gesetzliche Mindesturlaub nicht unterschritten werden.

4. Urlaubsanspruch bei Kündigung berechnen: So gelingt‘s

Um den Urlaubsanspruch eines Mitarbeiters bei einer Kündigung zu berechnen, gehen Sie am besten folgendermaßen vor:

1) Stellen Sie den Jahresurlaub fest:

Ermitteln Sie, wie viele Urlaubstage dem Mitarbeiter laut Arbeits- oder Tarifvertrag pro Jahr zustehen. Gibt es keine ausdrückliche Vereinbarung dazu, so gilt der gesetzliche Mindesturlaub.

2) Berücksichtigen Sie den Zeitpunkt der Kündigung:

  • Kündigung bis einschließlich 30. Juni: Der Mitarbeiter hat Anspruch auf den anteiligen Jahresurlaub.
  • Kündigung nach dem 30. Juni: Der Mitarbeiter hat Anspruch auf den vollen Jahresurlaub. Es sei denn, der Arbeitsvertrag sieht eine „pro rata temporis“-Regelung vor. In diesem Fall erfolgt ebenfalls eine anteilige Berechnung.

3) Ziehen Sie den bereits genommenen Urlaub ab:

Vom errechneten Urlaubsanspruch ziehen Sie die Urlaubstage ab, die der Mitarbeiter im laufenden Kalenderjahr bereits genommen hat. Das Ergebnis ist der Resturlaub.

Beispiel

  • Anna verlässt das Unternehmen zum 30. September (9 Monate Beschäftigung).
  • Sie hat 5 Tage die Woche gearbeitet.
  • Ihr Arbeitsvertrag sieht 30 Urlaubstage pro Jahr vor und enthält eine „pro rata temporis“-Regelung.
  • Aufgrund der vorhandenen „pro rata temporis“-Regelung wird der Urlaubsanspruch anteilig berechnet.
  • Berechnung: 30 Urlaubstage / 12 Monate x 9 Monate = 22,5 Urlaubstage
  • Im laufenden Kalenderjahr hat Anna bereits 8 Urlaubstage genommen. Diese werden vom errechneten Urlaubsanspruch abgezogen: 22,5 – 8 = 14,5 Urlaubstage
  • Ergebnis: Anna hat somit einen Anspruch auf 14,5 bzw. aufgerundet auf 15 Tage Resturlaub.

5. Urlaubsanspruch bei Kündigung nach Kündigungsart

5.1. Urlaubsanspruch bei einer ordentlichen Kündigung

Bei einer ordentlichen Kündigung haben Arbeitnehmer Anspruch auf ihren vollen Urlaub. Als Arbeitgeber dürfen Sie dem ausscheidenden Mitarbeiter den Urlaubsanspruch nicht verweigern oder ihm die Urlaubstage kürzen.

Allerdings kann es in Ausnahmefällen vorkommen, dass Sie den Resturlaub nicht mehr gewähren können – z. B. wenn der Mitarbeiter seinen Nachfolger in einer anspruchsvollen Tätigkeit einarbeiten muss.

Urlaubsanspruch bei einer ordentlichen Kündigung

In diesen Fällen müssen Sie den verbleibenden Urlaub auszahlen.

5.2. Urlaubsanspruch bei einer außerordentlichen Kündigung

Auch bei einer außerordentlichen (fristlosen) Kündigung bleibt der Urlaubsanspruch der Arbeitnehmer bestehen.

Allerdings ist es hier für den Mitarbeiter meist nicht möglich, den noch verbleibenden Resturlaub vor dem Ende der Beschäftigung zu nehmen. Als Arbeitgeber müssen Sie daher den offenen Urlaub auszahlen.

5.3. Urlaubsanspruch bei einer Kündigung während der Probezeit

Bei einer Kündigung während der Probezeit haben Arbeitnehmer Anspruch auf die Urlaubstage, die sie bis zum Ende ihrer Beschäftigung erworben haben. Als Arbeitgeber müssen Sie somit diesen Urlaub gewähren.

Kann der Mitarbeiter den Urlaub bis zu seinem Austritt nicht mehr nehmen, sind die verbleibenden Urlaubstage finanziell abzugelten.

6. Urlaubsabgeltung bei Kündigung: Wann besteht Anspruch auf eine Auszahlung?

Anspruch auf eine Auszahlung

Wenn ein Mitarbeiter seinen Resturlaub vor dem Austritt aus dem Unternehmen nicht mehr nehmen kann, muss der verbleibende Urlaub in Form von Urlaubsabgeltung ausbezahlt werden (vgl. § 7 Abs. 4 BurlG).

Dies ist zum Beispiel der Fall in folgenden Situationen:

  • Es handelt sich um eine fristlose Kündigung.
  • Dringende betriebliche Gründe erfordern die Anwesenheit des ausscheidenden Mitarbeiters (z. B. ein Nachfolger in einer anspruchsvollen Tätigkeit muss eingearbeitet werden).

Die Höhe der Urlaubsabgeltung hängt dabei vom durchschnittlichen Verdienst des Arbeitnehmers ab. Zur Berechnung werden die letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs herangezogen. Überstundenzahlungen sind davon ausgenommen.

Urlaubsabgeltung vs. Urlaubsentgelt: Einfach erklärt

  • Die Urlaubsabgeltung ist die Auszahlung für nicht genommenen Urlaub, die einem Arbeitnehmer zusteht, wenn das Arbeitsverhältnis endet.
  • Das Urlaubsentgelt ist das Gehalt, das ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs erhält.

7. Ist es möglich, auf den Urlaubsanspruch nach einer Kündigung zu verzichten?

Unter bestimmten Bedingungen können Mitarbeiter auf ihren Anspruch auf Resturlaub oder Urlaubsabgeltung verzichten. Erforderlich dafür ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Zum Beispiel kann dies im Rahmen eines Beendigungsvergleichs erfolgen. Dies ist in der Praxis in der Regel nicht alltäglich.

8. Wichtige Fragen zum Urlaubsanspruch bei einer Kündigung

Haben Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist Anspruch auf Urlaub?

Ja, während der Kündigungsfrist haben Arbeitnehmer Anspruch auf ihren Urlaub. Sie dürfen also ihre verbleibenden Urlaubstage noch nehmen. Ist dies nicht mehr möglich, muss der Resturlaub ausbezahlt werden.

Wie viele Urlaubstage stehen Mitarbeitern nach einer Kündigung noch zu?

Die Anzahl der Urlaubstage nach einer Kündigung hängt davon ab, wann im Jahr der Mitarbeiter gekündigt hat und wie viele Urlaubstage er bereits genommen hat.

Um den genauen Resturlaub zu ermitteln, sehen Sie sich den Abschnitt „Urlaubsanspruch bei Kündigung berechnen: So gelingt‘s“ an. Dort finden Sie eine Schritt-für-Schritt-Anleitung inkl. Beispielrechnung.

Müssen Sie als Arbeitgeber Resturlaub auszahlen?

Wenn ausscheidende Arbeitnehmer ihren Resturlaub nicht mehr nehmen können (z. B. wegen dringenden betrieblichen Erfordernissen), müssen Sie diesen Urlaub finanziell abgelten. Näheres dazu im Abschnitt “Urlaubsabgeltung”. 

Gilt der gleiche Urlaubsanspruch bei Arbeitnehmerkündigung und Arbeitgeberkündigung?

Ob die Kündigung vom Arbeitnehmer oder vom Arbeitgeber ausgesprochen wird, spielt für den Urlaubsanspruch grundsätzlich keine Rolle. Auch der Kündigungsgrund hat keinen unmittelbaren Einfluss auf den Urlaubsanspruch.

Was passiert, wenn Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist krank werden?

Wenn ein Mitarbeiter während der Kündigungsfrist krank wird, verfällt sein Resturlaub in der Regel nicht. Die Erkrankung ändert nichts an den bestehenden Ansprüchen auf Urlaub oder auf eine mögliche Urlaubsabgeltung. 

Lesetipp: Urlaubsanspruch bei Krankheit

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