Arzttermin während der Arbeitszeit: Das gilt in Deutschland

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Grundsätzlich sollten Arbeitnehmer ihre Arztbesuche in der Freizeit erledigen. Dies ist jedoch nicht immer möglich.

Doch wann ist rechtlich gesehen ein Arzttermin während der Arbeitszeit erlaubt? Welche Regeln gelten und was müssen Sie als Arbeitgeber beachten, was Freistellung von der Arbeit und Lohnfortzahlung betrifft?

In diesem Artikel finden Sie Wichtiges rund um Arztbesuche während der Arbeitszeit und wie dies in Deutschland geregelt ist.

1. Gesetzliche Regelungen für Arzttermine während der Arbeitszeit

In Deutschland regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), wie mit einer vorübergehenden Verhinderung der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit umzugehen ist – etwa aufgrund eines Arztbesuchs.

Laut § 616 BGB dürfen Beschäftigte ihre Arbeit vorübergehend unterbrechen, wenn sie

  • aus einem persönlichen Grund,
  • ohne eigenes Verschulden,
  • und für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit

während der Arbeitszeit verhindert sind.

Dies betrifft dabei jene Arztbesuche, die während der Arbeitszeit als notwendig gelten. Welche Situationen hier konkret dazu gehören, können Sie folgend bei „Anspruch auf Arztbesuch“ nachlesen.

Zudem haben sie in diesen Fällen Anspruch auf Lohnfortzahlung.

Achtung!

Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen können eigene Regelungen enthalten.

Tarifverträg Betriebsvereinbarung

Es ist deshalb zu prüfen, ob die Regelung des § 616 BGB dadurch ausgeschlossen oder eingeschränkt wird.

Ist dies der Fall, kann es sein, dass Mitarbeiter für Arztbesuche während der Arbeitszeit ggf. Freizeitausgleich, Gleitzeit oder Urlaub nehmen müssen.

2. Wann besteht Anspruch auf einen Arztbesuch während der Arbeitszeit?

Grundsätzlich sind Arztbesuche als private Angelegenheiten zu betrachten. Arbeitnehmer müssen deshalb nach Möglichkeit Arzttermine außerhalb der Arbeitszeit vereinbaren.

In der Praxis ist das jedoch nicht immer möglich.

Aus diesem Grund gibt es einige Situationen, in denen Beschäftigte einen Arztbesuch während der Arbeitszeit gem. der Regelung des BGB wahrnehmen dürfen.

Das betrifft folgende Fälle:

Akute Erkrankungen

  • Wenn Mitarbeiter akut erkranken und eine umgehende ärztliche Behandlung brauchen, ist ein Arzttermin während der Arbeitszeit erlaubt.
  • Denn: Längere Wartezeiten auf einen freien Termin außerhalb der Arbeitszeit sind in diesem Fall nicht zumutbar.
  • Beispiele für akute Erkrankungen sind etwa Fieber, Grippe, Zahnschmerzen oder Verletzungen durch einen Unfall.

Notwendige Behandlungen bei Fachärzten

  • Auch Facharzttermine dürfen Arbeitnehmer während der Arbeitszeit wahrnehmen, wenn sie notwendig sind und nicht aufgeschoben werden sollten.
  • In der Regel gibt es hier oft nur wenig freie Termine, da das Arztpersonal diese weit im Voraus plant. Arbeitnehmer haben somit oft keine Wahl.

Untersuchungen an bestimmten Tagen oder Uhrzeiten

  • Mitarbeiter haben ebenfalls Anspruch auf einen Arztbesuch während der Arbeitszeit, wenn es sich um Untersuchungen handelt, die aus medizinischen Gründen nur während der Arbeitszeit möglich sind.
  • Dies betrifft z. B. Untersuchungen, die auf nüchternen Magen erfolgen müssen, wie Blutabnahmen am Morgen.

Medizinisch notwendige Untersuchungen

  • Außerdem sind Arztbesuche während der Arbeitszeit erlaubt, wenn es sich um medizinisch notwendige Untersuchungen handelt und die Praxis dafür aber keine Termine außerhalb der Arbeitszeit anbietet.
  • Ein Beispiel dafür können CT- oder Röntgenaufnahmen sein.

Gut zu wissen

Arbeitnehmer haben das Recht auf freie Arztwahl. Sie müssen deshalb nicht zu einem anderen Arzt gehen, nur weil dieser flexiblere Ordinationszeiten anbietet.

Halten Sie Ihren Arztbesuch am besten im Rahmen Ihrer Arbeitszeitaufzeichnungen fest. Am einfachsten geht das mit einer digitalen Zeiterfassung. Der Arztgang kann hier vorab korrekt angelegt werden, sodass Sie nur noch Zeit buchen müssen. Probieren Sie es selbst bei einem Gratistest aus.

Info

3. Sind Arztbesuche während der Arbeitszeit bezahlt?

Wenn einer der oben genannten Fälle zutrifft, hat der Mitarbeiter Anspruch auf einen Arztbesuch während der Arbeitszeit. In diesem Fall müssen Sie ihn gemäß  § 616 BGB  freistellen, es sei denn, ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung regelt es anders.

Gibt es keine vom Gesetz abweichende Regelung bedeutet das: Der Arzttermin wird als Arbeitszeit und somit als bezahlte Freistellung gewertet.

Ebenfalls zählt der Arztbesuch dann als bezahlte Freistellung, wenn die Praxis keinen Termin außerhalb der Arbeitszeit vergeben kann – trotz konkreter Nachfrage des Arbeitnehmers.

Übrigens: Die bezahlte Freistellung von der Arbeit für einen Arzttermin gilt sowohl für die Zeit des Arztbesuchs als auch für die Wegezeiten zwischen Dienstort und Arztpraxis. Allerdings muss der Mitarbeiter ohne Umwege direkt zum Arzt gehen und darf den Weg dorthin nicht für andere Erledigungen unterbrechen.

Wegezeiten zwischen Dienstort und Arztpraxis

Achtung!

Bei diesen Fällen besteht in der Regel kein Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit.

Routinemäßige Vorsorgeuntersuchungen

  • Diese Untersuchungen sind nicht dringend und können meist lange im Voraus geplant werden.
  • Längere Wartezeiten oder eine Terminvergabe außerhalb der Arbeitszeit sind somit zumutbar.
  • Außerdem sind diese Vorsorgeuntersuchungen in der Regel nicht an bestimmte Zeiten gebunden. Sie lassen sich deshalb normalerweise gut mit den Arbeitszeiten abstimmen.

Keine akute Erkrankung

  • Ähnlich verhält es sich bei Fällen, bei denen eine ärztliche Behandlung zwar notwendig, aber nicht dringend ist (z. B. abgebrochener Zahn).
  • Hier muss der Mitarbeiter einen entsprechenden Arzttermin außerhalb der Arbeitszeit vereinbaren.

4. Müssen Arbeitnehmer einen Nachweis über den Arztbesuch vorlegen?

Grundsätzlich dürfen Sie als Arbeitgeber von Ihrem Mitarbeiter verlangen, einen Nachweis über den Arztbesuch während der Arbeitszeit vorzulegen.

Die entsprechende Arztpraxis stellt dafür eine ärztliche Bescheinigung aus, die den Arzttermin während der Arbeitszeit und dessen Notwendigkeit bestätigt.

Ein entsprechender Nachweis ist auch dann erforderlich, wenn Arbeitnehmer Angehörige oder Kinder zu Arztterminen begleiten müssen.

Unser Tipp

Mit einer digitalen Arbeitszeiterfassung wie timr dokumentieren Sie nicht nur die Arbeitszeiten Ihrer Mitarbeiter. Auch hilft die Software dabei, Abwesenheiten zu verwalten und besser zu überblicken.

5. Welche Ausnahmen gelten für Arzttermine während der Arbeitszeit?

Neben diesen Regeln für Arztbesuche während der Arbeitszeit gibt es besondere Vorgaben für bestimmte Personengruppen:

  • Schwangere Arbeitnehmerinnen
    Laut dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) müssen Sie als Arbeitgeber schwangere Mitarbeiterinnen für bestimmte Untersuchungen von der Arbeit freistellen.

    Damit sind Untersuchungen gemeint, die zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bei Schwangerschaft und Mutterschaft gehören (vgl. § 7 Abs. 1 MuSchG). Sie müssen der Mitarbeiterin dabei das Entgelt fortzahlen (vgl. § 23 Abs. 1 MuSchG).
  • Jugendliche:
    Im Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) ist Folgendes geregelt: Minderjährig Beschäftigte sind für gesetzlich vorgeschriebene ärztliche Untersuchungen von der Arbeit freizustellen (vgl. § 43 JArbSchG).

    Dies betrifft Erstuntersuchungen nach Aufnahme der Beschäftigung sowie weitere Nachuntersuchungen (vgl. §§ 32–34 JArbSchG).

    Auch hier liegt eine bezahlte Freistellung von der Arbeit vor.
Jugendliche Arbeit

6. Häufig gestellte Fragen

Sind Arzttermine während der Arbeitszeit Minusstunden?

Prinzipiell zählen die Zeiten eines Arztbesuchs bei festen Arbeitszeitmodellen während der Arbeitszeit nicht als Minusstunden.

Denn: Liegt die Dienstverhinderung nicht in der Schuld des Arbeitnehmers und wird die Arbeit nur für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit unterbrochen, können die Fehlzeiten nicht als Minusstunden gewertet werden (vgl. § 616 BGB).

Was gilt für Arztbesuche während der Arbeitszeit bei Gleitzeit?

Von Mitarbeitern mit einer Gleitzeitregelung kann erwartet werden, dass sie ihre Arzttermine in die Freizeit legen und die Zeit später wieder einarbeiten.

Denn: Als flexibles Arbeitszeitmodell ermöglicht Gleitzeit es den Mitarbeitern, ihre Arbeitszeiten innerhalb festgelegter Grenzen selbst zu gestalten. 

In Fällen, bei denen ein notwendiger Arztbesuch in die Kernzeit des Arbeitnehmers fällt, ist allerdings zu prüfen, ob ein bezahlter Freistellungsgrund mit Lohnfortzahlung besteht.