Mehrarbeit in Österreich: Das müssen Arbeitgeber und HR-Verantwortliche wissen
Mehrarbeit ist ein fester Bestandteil des österreichischen Arbeitsrechts – und dennoch mit vielen Unsicherheiten behaftet.
Besonders in Teilzeitmodellen stellt sich häufig die Frage, wann Mehrarbeit beginnt, wie sie korrekt zu vergüten ist und in welchem Rahmen sie angeordnet werden darf.

Für Arbeitgeber und HR-Verantwortliche ist es entscheidend, die gesetzlichen Grundlagen und kollektivvertraglichen Spielräume zu kennen. Denn: Wer hier gut informiert ist, kann nicht nur Risiken vermeiden, sondern auch faire und effiziente Arbeitsbedingungen schaffen.
In diesem Beitrag erfahren Sie alles Wichtige über Mehrarbeit, gesetzliche Grundlagen zu Mehrarbeitsstunden und Zuschläge, den Unterschied zu Überstunden und die Rolle des Kollektivvertrags – mit Beispielen, Tipps und Empfehlungen, wie Sie als Arbeitgeber Mehrarbeit rechtssicher gestalten können.
Inhaltsverzeichnis
1. Was ist Mehrarbeit? Definition und Beispiele
Mehrarbeit ist jene Arbeitszeit, die über die individuell vereinbarte Normalarbeitszeit hinausgeht, jedoch unterhalb der gesetzlichen (40 Stunden) oder kollektivvertraglichen Normalarbeitszeit liegt. Die gesetzliche Normalarbeitszeit beträgt 40 Stunden pro Woche (vgl. § 3 Arbeitszeitgesetz). Sie betrifft vor allem Teilzeitkräfte, aber auch Vollzeitbeschäftigte können betroffen sein – z. B. wenn der Kollektivvertrag (KV) eine kürzere Wochenarbeitszeit vorsieht, wie etwa im Handel oder Metallgewerbe mit 38,5 Stunden pro Woche.
1.1. Beispiele zur Berechnung der Mehrarbeit bei Vollzeit
Beschäftigung | Vertragliche Arbeitszeit | KV-Arbeitszeit | Tatsächliche Arbeit | Mehrarbeit |
Vollzeit | 38,5 h (laut KV) | 40 h (gesetzlich) | 40 h | 1,5 h |
Ein Mitarbeiter hat laut Kollektivvertrag eine Normalarbeitszeit von 38,5 Stunden. Arbeitet er in einer Woche 40 Stunden, leistet er 1,5 Stunden Mehrarbeit.
1.2. Beispiele zur Berechnung der Mehrarbeit bei Teilzeit
Beschäftigung | Vertragliche Arbeitszeit | KV-Arbeitszeit | Tatsächliche Arbeit | Mehrarbeit |
Teilzeit | 20 h | 38,5 h | 25 h | 5 h |
Eine Angestellte arbeitet laut Vertrag 20 Stunden pro Woche. Leistet sie in einer Woche 25 Stunden, so fallen 5 Stunden Mehrarbeit an.
Nutzen Sie eine digitale Zeiterfassung wie timr, um die Arbeitszeiten Ihrer Mitarbeiter genau zu dokumentieren und profitieren Sie dabei auch von Funktionen wie dem Überstundenkonto oder der automatischen Pausenüberprüfung. So behalten Sie Überstunden und Mehrarbeit jederzeit im Blick und stellen sicher, dass die rechtlichen Vorgaben eingehalten werden.
2. Mehrarbeitsstunden vs. Überstunden: Der Unterschied
Mehrarbeitsstunden treten häufig bei Teilzeitmodellen auf, während Überstunden typischerweise erst dann entstehen, wenn die gesetzliche oder kollektivvertragliche Normalarbeitszeit überschritten wird.

Kriterium | Mehrarbeit | Überstunden |
---|---|---|
Bezugspunkt | Über vertraglich vereinbart, unterhalb gesetzlich/KV Normalarbeitszeit | Über gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Normalarbeitszeit |
Zielgruppe | v. a. Teilzeitkräfte | Alle |
Vergütung | 25 % Zuschlag oder Zeitausgleich (gesetzlich), ggf. mehr im KV | 25 % Zuschlag oder Zeitausgleich (gesetzlich), ggf. mehr im KV 50 % Zuschlag (gesetzlich), ggf. mehr im KV |

Praxis-Tipp
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3. Gesetzliche Grundlage: § 19d AZG und der Kollektivvertrag
3.1. Arbeitszeitgesetz § 19d AZG
Mehrarbeit betrifft in der Praxis vor allem Teilzeitbeschäftigte.
Die gesetzliche Grundlage hierfür bildet das österreichische Arbeitszeitgesetz (AZG). In § 19d AZG wird definiert, wann bei Teilzeitkräften von Mehrarbeit gesprochen wird und wie diese abzugelten ist:

- Mehrarbeitsstunden von Teilzeitkräften sind grundsätzlich mit einem Zuschlag von 25 % zu vergüten.
- Alternativ kann die Mehrarbeit auch durch Zeitausgleich im Verhältnis 1:1 kompensiert werden – vorausgesetzt, der Zeitausgleich erfolgt innerhalb von 4 Monaten (Durchrechnungszeitraum)
Voraussetzungen:
- Der Arbeits- oder Kollektivvertrag erlaubt Mehrarbeit
- Es besteht ein erhöhter Arbeitsbedarf
Keine berücksichtigungswürdigen Interessen des Arbeitnehmers sprechen dagegen.

Praxistipp
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3.2. Rolle des Kollektivvertrags
Das Arbeitszeitgesetz räumt den Sozialpartnern großen Gestaltungsspielraum bei Mehrarbeit ein, wodurch sich konkrete Regelungen von Branche zu Branche unterscheiden können. Deshalb nehmen die Regelungen zur Mehrarbeit im Kollektivvertrag eine wichtige Rolle ein.
Dein Kollektivvertrag kann beispielsweise:
- die Normalarbeitszeit verkürzen (z. B. 38,5 statt 40 Stunden)
- festlegen, ab wann Mehrarbeit vorliegt
- Zuschläge modifizieren (z. B. 50 % statt den gesetzlichen 25 %)
- einen abweichenden Durchrechnungszeitraum vorgeben (z. B. statt 4 Monate nur 12 Wochen)

Praxistipp
Ein Blick in den geltenden Kollektivvertrag ist beim Thema Mehrarbeit deshalb unerlässlich!
3.3. Einfluss des Arbeitszeitmodells
Auch das gewählte Arbeitszeitmodell wirkt sich unmittelbar darauf aus, ob und in welchem Umfang Mehrarbeitsstunden entstehen und wie diese zu vergüten sind. Am Beispiel der Gleitzeit lässt sich dies besonders gut nachvollziehen:
- Innerhalb einer vereinbarten Gleitzeitperiode (z. B. ein Monat oder ein Quartal) entsteht keine zuschlagspflichtige Mehrarbeit, wenn die vertraglich vereinbarte Normalarbeitszeit im Durchschnitt eingehalten wird.
- Auch dann, wenn Beschäftigte in einzelnen Wochen deutlich mehr arbeiten, kann dies durch entsprechende Minderstunden in anderen Wochen ausgeglichen werden.
- Zuschläge für Mehrarbeit entfallen, wenn eine flexible Zeitverteilung im Rahmen der Gleitzeit möglich ist und somit die durchschnittliche Arbeitszeit nicht überschritten wird.
Das bedeutet für die Praxis: Nicht jede Woche mit Mehrstunden führt automatisch zu einer zuschlagspflichtigen Mehrarbeitsstunde. Entscheidend ist die Betrachtung über den gesamten Gleitzeitraum – ein Aspekt, der besonders für die Lohnverrechnung und Personalplanung relevant ist.

Praxistipp
Prüfen Sie bei der Wahl oder Anwendung eines Arbeitszeitmodells genau, wann und in welchem Umfang Mehrarbeit entsteht. Eine digitale Zeiterfassung wie timr kann helfen, Gleitzeitregelungen und Mehrarbeitsstunden transparent zu dokumentieren und rechtssicher auszuwerten.
4. Was ist der Mehrarbeitszuschlag und wann fällt er an?

Der Mehrarbeitszuschlag beträgt 25 % pro Stunde – außer es wird innerhalb von 4 Monaten Zeitausgleich gewährt.
Die rechtliche Grundlage bildet § 19d Absatz 3a AZG. Spezialfälle regelt Abs. 3c – z. B. bei kollektivvertraglich kürzerer Arbeitszeit.
Ein Anspruch auf Zuschlag besteht, wenn
- Mehrarbeit über das vertraglich vereinbarte Maß hinausgeht
- kein Zeitausgleich geleistet wird
- der Kollektivvertrag keine Ausnahme vorsieht

Praxistipp
Der Mehrarbeitszuschlag kann auch durch Zeitausgleich unter Berücksichtigung des Zuschlagsanteils abgegolten werden. Informieren Sie sich genau, über mögliche Durchrechnungszeiträume und sorgen Sie für eine transparente Zeiterfassung!
5. Vollzeit vs. Teilzeit: Unterschiede bei Mehrarbeit
- Vollzeit: Mehrarbeit nur bei kollektivvertraglich verkürzter Normalarbeitszeit (z. B. 38,5 statt 40 h)
- Teilzeit: Mehrarbeitsstunden immer, wenn über dem vertraglich vereinbarten Ausmaß, aber unter 38,5 bzw. 40 h gearbeitet wird

Wichtig
Bei Teilzeit gilt oft ein Durchrechnungszeitraum – z. B. 12 Wochen laut Kollektivvertrag.
6. Mehrarbeit anordnen: Rechte und Pflichten des Arbeitgebers
6.1. Darf der Arbeitgeber in Österreich Mehrarbeit anordnen?
Ja, der Arbeitgeber darf Mehrarbeit anordnen, wenn
- sie vertraglich vereinbart wurde oder der Kollektivvertrag sie zulässt,
- betrieblich notwendig ist und
- keine berechtigten Interessen des Mitarbeiters entgegenstehen (vgl. § 19d AZG).
6.2. Beispiele für betriebliche Notwendigkeit
- Internationale Kommunikation: In der Logistik oder im Kundenservice müssen Mitarbeitende erreichbar sein, wenn Geschäftspartner in anderen Zeitzonen (z. B. Asien oder USA) nur außerhalb der üblichen Arbeitszeiten antworten können.
- Akute technische Störungen: IT- oder Produktionsprobleme, die einen sofortigen Eingriff erfordern, um einen Betriebsstillstand oder Lieferschwierigkeiten zu vermeiden.
- Unerwartete Personalengpässe: Krankheitsbedingte Ausfälle oder kurzfristige Kündigungen, die den Einsatz zusätzlicher Arbeitszeit notwendig machen, um den Betrieb aufrechtzuerhalten.
Termingebundene Projekte: Fristen bei Kundenprojekten oder saisonale Spitzen (z. B. Weihnachtsgeschäft), die temporär zusätzlichen Arbeitseinsatz erfordern.
6.3. Beispiele für berechtigte Interessen des Mitarbeiters
- Betreuungsverpflichtungen: z. B. Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen, bei denen eine Verlängerung der Arbeitszeit organisatorisch nicht möglich ist.
- Gesundheitliche Einschränkungen: medizinisch dokumentierte Belastungsgrenzen, die durch zusätzliche Arbeitszeit überschritten würden.
- Langfristig vereinbarte private Termine: z. B. wichtige familiäre Ereignisse oder Arzttermine, die nicht kurzfristig verschoben werden können.
Ehrenamtliche Verpflichtungen: etwa im Rettungsdienst, bei der Feuerwehr oder anderen systemrelevanten Tätigkeiten mit festgelegten Einsätzen.
6.4. Darf der Arbeitgeber die Arbeitszeit einseitig ändern?
Ja, der Arbeitgeber darf die Lage der Normalarbeitszeit unter bestimmten Bedingungen auch einseitig ändern (vgl. § 19c AZG). Dafür müssen jedoch folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Es liegt eine betriebliche Notwendigkeit vor.
- Berechtigte Interessen des Mitarbeiters dürfen nicht entgegenstehen.
- Der Arbeitnehmer muss mindestens 2 Wochen im Voraus über die Änderung informiert werden.

Praixstipp
Auch wenn eine einseitige Änderung rechtlich möglich ist, empfiehlt sich aus Gründen der Fairness und Mitarbeitermotivation immer eine rechtzeitige und transparente Kommunikation.
7. Mehrarbeit rechtssicher gestalten: Tipps für Arbeitgeber
Mehrarbeit, Mehrarbeitsstunden und Überstunden sind rechtlich klar voneinander zu unterscheiden – und müssen entsprechend dokumentiert, vergütet oder ausgeglichen werden. Wer als Arbeitgeber hier strukturiert vorgeht, schützt sich nicht nur vor rechtlichen Risiken, sondern schafft auch Transparenz und Vertrauen im Team.
7.1. Unsere Empfehlungen für Ihre Praxis
Damit Sie in Sachen Mehrarbeit auf der sicheren Seite sind, empfehlen wir:
✔ Dienstvertrag professionell gestalten:
Formulieren Sie die Möglichkeit von Mehrarbeit klar und nachvollziehbar. Verweisen Sie auf den geltenden Kollektivvertrag und regeln Sie, wie Mehrarbeit abgegolten wird – ob durch Zuschlag oder Zeitausgleich.
✔ Rechtzeitig kommunizieren:
Betriebliche Notwendigkeiten, Vorlaufzeiten (§ 19c AZG) und persönliche Interessen der Mitarbeitenden müssen in Einklang gebracht werden. Eine vorausschauende Planung hilft, Konflikte zu vermeiden.
✔ Zeiterfassung ernst nehmen:
Die gesetzliche Pflicht zur Arbeitszeiterfassung gilt für alle Unternehmen. Nur wer Arbeitszeiten exakt dokumentiert, kann Mehrarbeit korrekt abrechnen – und sich vor Beanstandungen im Rahmen einer GPLA-Prüfung schützen.
✔ timr einsetzen:
Mit timr wird aus der Pflicht eine Stärke:
- Mehrarbeit wird automatisch erkannt
- Zuschläge korrekt berechnet
- Gleitzeitregeln werden auch bei Teilzeit richtig angewendet
- Arbeitszeiten gesetzeskonform erfasst – jederzeit und standortübergreifend

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