Arbeitsbereitschaft verstehen: So läuft sie in Deutschland ab

Kategorien: Arbeitszeit
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Rufbereitschaft, Bereitschaftsdienst und Arbeitsbereitschaft:

All das sind Arbeitsformen der Bereitschaft bzw. Wartezeit, die sich in ihrer zeitlichen Ausgestaltung, dem Aufenthaltsort und dem Maß der Einsatzverpflichtung voneinander abgrenzen.

Arbeitsbereitschaft Deutschland

In diesem Artikel erfahren Sie, was genau Arbeitsbereitschaft bedeutet, wie sie vergütet wird und wie sie sich von den anderen Bereitschaftsformen unterscheidet. Zudem klären wir die Frage, ob der Betriebsrat ein Mitspracherecht bei Arbeitsbereitschaft hat.

1. Definition: Was ist Arbeitsbereitschaft?

Arbeitsbereitschaft bedeutet, dass sich ein Mitarbeiter an seinem Arbeitsplatz befindet und auf seinen Arbeitseinsatz wartet. Es handelt sich somit um eine Form der Wartezeit, bei der er seine Tätigkeit sofort und ohne Aufforderung aufnimmt, wenn es die Situation erfordert. Das Bundesarbeitsgericht definiert Arbeitsbereitschaft deshalb auch als „Zeit wacher Aufmerksamkeit im Zustand der Entspannung“ (BAG v. 12.2.1986 – 7 AZR 358/48).

Was sind Beispiele der Arbeitsbereitschaft?

  • Ein Mitarbeiter im Supermarkt arbeitet an der Kasse und wartet bis der nächste Kunde bedient werden muss.
  • Eine angestellte Taxifahrerin wartet in ihrem Fahrzeug auf die nächsten Fahrgäste.
  • Ein Angestellter im Callcenter ist an seinem Arbeitsplatz und wartet auf den nächsten Anruf eines Kunden.

2. Ist Arbeitsbereitschaft Arbeitszeit?

Ja – Arbeitsbereitschaft zählt grundsätzlich als Arbeitszeit.

Das bedeutet: Wer sich während seiner Arbeitszeit bereithält, um bei Bedarf sofort mit der Arbeit zu beginnen, befindet sich bereits im rechtlichen Sinne in der Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetz (ArbZG).

Somit gilt auch für die Arbeitsbereitschaft grundsätzlich die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit von 8 Stunden pro Werktag.

Diese kann auf bis zu 10 Stunden pro Tag verlängert werden, sofern ein entsprechender Ausgleich stattfindet. Demnach darf die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit über einen Zeitraum von 6 Monaten nicht mehr als 8 Stunden betragen (vgl. § 3 ArbZG).

Für die Arbeitsbereitschaft sieht der Gesetzgeber hier allerdings eine weitere Ausnahmeregelung vor (vgl. § 7 Abs. 1. Nr. 1a ArbZG):

So darf bei Arbeitsbereitschaft die tägliche Arbeitszeit auf über 10 Stunden verlängert werden, wenn

  • regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft anfällt, und
  • ein Tarifvertrag oder eine auf einem Tarifvertrag beruhende Betriebs- oder Dienstvereinbarung diese Verlängerung erlaubt.

Digitale Zeiterfassung für die Arbeitsbereitschaft

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3. Wie ist die Vergütung bei der Arbeitsbereitschaft geregelt?

In der Regel ist die Arbeitsbereitschaft als Arbeitszeit zu vergüten.

Aber: Auch wenn Arbeitsbereitschaft als Arbeitszeit zählt, bedeutet das nicht automatisch, dass sie in vollem Umfang wie reguläre Arbeitszeit vergütet werden muss.

Vergütungsregelungen können durch Tarifverträge, Arbeitsverträge oder Betriebsvereinbarungen individuell gestaltet werden.

Diese können auch vorsehen, dass die Zeiten der Arbeitsbereitschaft geringer vergütet werden als reguläre Arbeitszeiten.

Der Grund dafür: Arbeitnehmer sind während der Arbeitsbereitschaft in der Regel einer geringeren Arbeitsbelastung ausgesetzt. Sie müssen zwar jederzeit einsatzbereit sein, können sich aber zwischenzeitlich entspannen, solange keine Arbeitsaufgaben anfallen.Das entschied auch das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern in einem Urteil (LAG Mecklenburg-Vorpommern, 15.09.2020, – 5 Sa 188/19).

4. Arbeitsbereitschaft, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft: Was sind die Unterschiede?

Arbeitsbereitschaft, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft bilden zusammen Arbeitszeitmodelle der Bereitschaft.

Wie sie sich voneinander unterscheiden, zeigen wir Ihnen im folgenden Abschnitt:

4.1. Bereitschaftsdienst

  • Der Bereitschaftsdienst wird zusätzlich zur regulären Arbeitszeit geleistet.
  • Arbeitnehmer müssen sich für ihren Arbeitgeber und für ihre Tätigkeiten bereithalten, um auf Abruf jederzeit einsatzbereit zu sein.
  • Dabei halten sie sich direkt an der Arbeitsstelle oder an einem Ort auf, den der Arbeitgeber festgelegt hat.

Ein Beispiel dafür sind Ärzte, die ihren Bereitschaftsdienst in eigenen Aufenthaltsräumen im Krankenhaus leisten. Dort können sie dann im Notfall jederzeit Patienten betreuen.

4.2. Rufbereitschaft

  • Mitarbeiter in Rufbereitschaft müssen außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit erreichbar sein, um bei Bedarf kurzfristig ihre Tätigkeit innerhalb einer vorab festgelegten Frist aufzunehmen.
  • Sie können dabei während der Rufbereitschaft ihren Aufenthaltsort selbst wählen, müssen aber jederzeit schnell einsatzbereit sein. Außerdem muss der Ort dem Arbeitgeber bekannt sein.

Zum Beispiel ist Rufbereitschaft in der IT-Branche öfters erforderlich. Hier ist der IT-Techniker zu Hause und erbringt nur im Bedarfsfall seine Arbeitsleistung, etwa bei einer Systemstörung.

4.3. Kurzvergleich der Bereitschaftsformen

vergleich der Bereitschaftsformen
ArbeitsbereitschaftBereitschaftsdienstRufbereitschaft
AufenthaltsortAm ArbeitsplatzAn der Arbeitsstelle oder an einem vom Arbeitgeber bestimmten OrtNicht zwingend am Arbeitsort, sondern frei wählbar
EinsatzSofort und ohne Aufforderung einsatzbereitWährend des gesamten Bereitschaftsdienstes einsatzbereit
Nur bei Bedarf einsatzbereit
Zeitliche ZuordnungWährend der regulären ArbeitszeitZusätzlich zur regulären ArbeitszeitAußerhalb der regulären Arbeitszeit
ArbeitszeitGesamte Arbeitsbereitschaft ist ArbeitszeitGesamter Bereitschaftsdienst ist ArbeitszeitNur geleistete Arbeit ist Arbeitszeit, der Rest ist Ruhezeit
VergütungVergütung als Arbeitszeit, aber geringere Vergütung durch Regelungen in Tarif- bzw. Arbeitsverträgen oder Betriebsvereinbarung möglichVergütung als ArbeitszeitHäufige Vergütung durch Pauschale und ab Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme mit regulären Stundenlohn
BeispielTaxifahrerin, die im Fahrzeug auf die nächsten Gäste wartetArzt, der im Krankenhaus bleibt und jederzeit einsatzbereit istIT-Technikerin, die zu Hause ist und nur bei Bedarf eine Arbeitsleistung erbringt

5. Welches Mitspracherecht hat der Betriebsrat bei der Arbeitsbereitschaft?

Da Arbeitsbereitschaft Teil der Arbeitszeit ist, hat der Betriebsrat auch bei deren Einführung und Ausgestaltung ein Mitbestimmungsrecht.  Diese Beteiligung ist im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geregelt.

Konkret betrifft das die folgenden Punkte:

Vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit (z. B. durch Einführung von Bereitschaftsdiensten, vgl. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG)

Die Einführung oder Veränderung von Regelungen zur Arbeitsbereitschaft – etwa wer, wann, wie lange oder unter welchen Bedingungen zur Verfügung stehen soll – bedarf also zwingend der Zustimmung des Betriebsrats, sofern ein solcher besteht.