Zeitausgleich in Österreich: Arbeitszeit flexibel gestalten

Kategorien: Arbeitszeit
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In der modernen Arbeitswelt gewinnt die Flexibilität der Arbeitszeit zunehmend an Bedeutung. Ein zentrales Instrument dafür ist in Österreich der sogenannte Zeitausgleich.

Zeitausgleich ermöglicht es Arbeitgebern und Arbeitnehmern, Überstunden und Mehrarbeitsstunden flexibel und gesetzeskonform anstelle einer finanziellen Abgeltung durch Freizeit auszugleichen.

Doch wie genau funktioniert Zeitausgleich? Welche gesetzlichen Bestimmungen sind zu beachten? Worin liegt der Unterschied zur Gleitzeit? Und was passiert mit dem geplanten Zeitausgleich, wenn ein Mitarbeiter krank wird?

Zeitausgleich Österreich

Wir haben die wichtigsten Informationen für Sie zusammengestellt.

1. Was bedeutet Zeitausgleich?

In Österreich bezeichnet Zeitausgleich die Möglichkeit für voll- und teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, angesammelte Plusstunden anstelle einer finanziellen Vergütung durch bezahlte Freizeit auszugleichen. Dies ermöglicht eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit, fördert die Work-Life-Balance und hilft dem Arbeitgeber, Auslastungsschwankungen besser zu steuern. Darüber hinaus steigert es die Attraktivität des Arbeitgebers.

2. Gesetzliche Bestimmungen zu Zeitausgleich in Österreich

Die Möglichkeit, Überstunden inklusive gebührende Zuschläge durch Zeit auszugleichen, ist in Österreich im Arbeitszeitgesetz (AZG) geregelt (vgl. § 10 Arbeitszeitgesetz). Auch bei Teilzeitbeschäftigung sieht das Gesetz den Ausgleich von Mehrarbeitsstunden in Freizeit explizit vor (vgl. § 19d Arbeitszeitgesetz).

Zusätzlich können Kollektivverträge und Betriebsvereinbarungen spezifische Bestimmungen zum Zeitausgleich enthalten. In vielen Branchen gibt es sogenannte Vorrangregelungen für Zeitausgleich (z. B. „Überstunden sind primär durch Zeitausgleich abzugelten“).

Schon gewusst?

Zeitausgleich ist unabhängig von einer Gleitzeitvereinbarung und kann auch ohne das Modell der gleitenden Arbeitszeit vereinbart werden. Bei einer bestehenden Gleitzeitregelung stellt der Zeitausgleich jedoch eine besondere Form dar, da die angesammelten Plusstunden ohne Überstundenzuschläge innerhalb eines Zeitraums (Gleitzeitperiode) von vornherein in Zeit auszugleichen sind.

3. Wie funktioniert Zeitausgleich?

Grundsätzlich funktioniert Zeitausgleich so: Dieser muss zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden – stets unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen und geltenden Kollektivverträge, entweder durch eine Betriebsvereinbarung oder eine individuelle Vereinbarung (sogenannte Einzelvereinbarung) mit den Mitarbeitern.

Wie der Zeitausgleich im Unternehmen gehandhabt wird, sollte in der entsprechenden Vereinbarung festgelegt werden. Bei einer Zeitausgleichsregelung gibt es mehrere wichtige Aspekte zu beachten:

  • Zunächst sollte geregelt werden, wie Zeitguthaben angesammelt wird – etwa durch Überstunden oder Mehrarbeit, die auf einem Arbeitszeitkonto oder extra Konto erfasst werden. 

Wichtig:

In Österreich besteht eine gesetzliche Pflicht zur Arbeitszeiterfassung (vgl. § 26 des Arbeitszeitgesetz). In unserem Artikel Arbeitszeiterfassungspflicht in Österreich beantworten wir die wichtigsten Fragen zu Arbeitszeitaufzeichnungen.

  • Ebenso ist eine klare Vereinbarung über den Verbrauch von Zeitguthaben wichtig. Dabei sollten sowohl betriebliche Anforderungen als auch persönliche Bedürfnisse der Arbeitnehmer berücksichtigt werden, um eine faire und praktikable Lösung zu finden.
  • Ein weiterer zentraler Punkt für Zeitausgleich ist die Dokumentation: Eine lückenlose Aufzeichnung der geleisteten Arbeitsstunden sowie des konsumierten Zeitausgleichs sorgt für Transparenz und Rechtssicherheit. 
  • Zusätzlich kann festgelegt werden, ob und in welchem Zeitraum angesammelte Zeitguthaben genutzt werden müssen, um eine übermäßige Ansammlung zu vermeiden. 
  • Auch die Frage, was mit nicht konsumierten Zeitguthaben bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses passiert, sollte in der Vereinbarung geklärt werden.

4. Wie wird Zeitausgleich berechnet?

Die Berechnung des Zeitausgleichs hängt davon ab, ob für die geleisteten Mehr- und Überstunden auch Zuschläge vorgesehen sind.

Grundsätzlich gilt für die Berechnung des Zeitausgleichs Folgendes (vgl. § 10 AZG i.V.m. § 19d AZG): 

  • 50%-Überstunde: Für jede geleistete Überstunde mit einem Zuschlag von 50% stehen 1,5 Stunden Zeitausgleich zu.
  • 100%-Überstunde: Bei Überstunden mit einem Zuschlag von 100% (z. B. an Feiertagen) beträgt der Zeitausgleich 2 Stunden pro geleistete Überstunde.
  • Bei Mehrarbeitsstunden im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung gebührt im Allgemeinen ein gesetzlicher Zuschlag von 25%. Der Zeitausgleich beträgt daher 1,25 Stunden pro geleisteter Mehrarbeitsstunde. Dieser Zuschlag entfällt jedoch, wenn die Mehrarbeitsstunden innerhalb eines Zeitraums von 3 Monaten 1:1 in Freizeit ausgeglichen werden (vgl. § 19d Abs. 3a).

Aber Achtung:

Kollektivverträge oder Betriebsvereinbarungen können abweichende Regelungen enthalten! Daher empfehlen wir, sich mit den jeweiligen Vereinbarungen gründlich vertraut zu machen. 

Bei Fragen zu rechtlichen Themen kontaktieren Sie am besten Ihre zuständigen Vertretungen.

Tipp!

Mit einem modernen Zeiterfassungstool wie timr haben Sie jederzeit auf Knopfdruck einen Überblick in Echtzeit über Überstunden, Gleitzeitguthaben und Minusstunden Ihrer Mitarbeiter. 

5. Zeitausgleich und Gleitzeit: Was ist der Unterschied?

Der Unterschied zwischen Zeitausgleich und Gleitzeit ist Folgender: Beides sind zwei eng miteinander verbundene Begriffe, sie betreffen jedoch unterschiedliche Aspekte der Arbeitszeitgestaltung.

  • Zeitausgleich dient in erster Linie dem Ausgleich von geleisteten Überstunden und Mehrarbeitsstunden durch bezahlte Freizeit. Anstelle der Auszahlung dieser Stunden können Arbeitnehmer angesammelte Über- oder Mehrarbeitsstunden in Freizeit konsumieren. Wichtig ist, dass der Verbrauch dieser Stunden zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart wird. Ebenso sollte klar geregelt sein, ob auch etwaige Zuschläge in Zeit konsumiert werden.
  • Gleitzeit hingegen ermöglicht eine flexible Gestaltung der täglichen Arbeitszeit. In einem Gleitzeitmodell können Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten innerhalb eines vereinbarten Rahmens selbstbestimmt anpassen. Dabei entstehen Plus- oder Minusstunden, die innerhalb eines festgelegten Zeitraums grundsätzlich 1:1 – das heißt ohne Zuschläge – ausgeglichen werden. Für angesammelte Zeitguthaben können Arbeitnehmer Zeitausgleich in Anspruch nehmen, entweder in Form einzelner Stunden oder ganzer Tage.

TIPP: Alles Wichtige zur Gleitzeit in Österreich haben wir für Sie in unserem Beitrag zusammengefasst. Sie finden dort auch eine Gleitzeitvereinbarung zum Download.

6. Können bei Gleitzeit Überstunden anfallen?

Ja, auch im Rahmen eines Gleitzeitmodells können Überstunden entstehen, etwa wenn die zulässigen Gleitzeitgrenzen überschritten werden oder außerhalb des vereinbarten Gleitzeitrahmens gearbeitet wird.Wichtig ist, dass in jeder Gleitzeitvereinbarung der sogenannte Durchrechnungszeitraum – also die Gleitzeitperiode – im Vorhinein klar definiert ist. Dieser Zeitraum legt fest, innerhalb welcher Zeitspanne (in der Regel zwischen 1 und 12 Monaten) der Durchschnitt der normalen Wochenarbeitszeit, beispielsweise 38,5 Stunden, eingehalten werden muss. Innerhalb dieser Periode können angesammelte Plusstunden grundsätzlich im Verhältnis 1:1 abgebaut werden.

7. Zeitausgleich und Krankenstand

Die Frage, ob eine Erkrankung den Zeitausgleich unterbricht, lässt sich eindeutig beantworten: Nein. 

Das bedeutet: Wird ein Arbeitnehmer während des Zeitausgleichs krank, so werden die Krankheitstage weiterhin als Zeitausgleichstage gewertet und die Stunden entsprechend verbraucht.

Dies geht auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) aus dem Jahr 2013 zurück, in der festgestellt wurde, dass während des Zeitausgleichs die Arbeitspflicht entfällt, wodurch rechtlich gesehen keine Arbeitsunfähigkeit an einem solchen Tage vorliegen kann.

Daher besteht während eines Zeitausgleichs kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung aufgrund einer Erkrankung. 

Sollte Ihr Mitarbeiter also während seines Zeitausgleichs krank werden, wird sein Zeitguthaben verbraucht, als wäre er gesund.

Anders verhält es sich hingegen bei Urlaub & Krankenstand. Ein Urlaub kann unter gewissen Voraussetzungen sehr wohl durch Krankheit unterbrochen werden.

Wie Urlaubsansprüche in Österreich richtig berechnet werden, erfahren Sie in unserem Artikel zu Urlaubsanspruch berechnen.

8. Unsere Tipps, worauf Sie als Arbeitgeber beim Zeitausgleich achten sollten

1. Regelungen kennen und klar definieren:
Machen Sie sich mit den gesetzlichen Vorgaben sowie den einschlägigen Bestimmungen in Kollektivvertrag vertraut und binden Sie den Betriebsrat bei der Entwicklung und Umsetzung von Zeitausgleichsregelungen unbedingt mit ein. Sorgen Sie für klare interne Regelungen zum Zeitausgleich.

2. Transparente und genaue Dokumentation:
Führen Sie eine genaue Erfassung der Arbeitszeiten sowie der angesammelten und konsumierten Zeitausgleichsstunden Ihrer Mitarbeiter. Eine verlässliche Zeiterfassung schützt vor Missverständnissen und Rechtsstreitigkeiten. 

3. Frühzeitige Abstimmung:
Sprechen Sie rechtzeitig mit Ihren Mitarbeitern über geleistete Überstunden und Abbaumöglichkeiten. So können Sie betriebliche Anforderungen und individuelle Wünsche besser miteinander in Einklang bringen.

4. Rechtzeitige Planung:
Planen Sie Zeitausgleich vorausschauend und achten Sie auf betriebliche Abläufe sowie etwaige Fristen. Eine klare Planung hilft, Personalengpässe zu vermeiden.

5. Beratung nutzen:
Bei Unsicherheiten zu arbeitsrechtlichen Fragen rund um Zeitausgleich empfiehlt sich die Konsultation der WKO, Fachverbände oder arbeitsrechtlicher Experten.

Fazit:
Zeitausgleich bietet Arbeitgebern die Möglichkeit, Überstunden flexibel und gesetzeskonform auszugleichen. Durch klare Regelungen, transparente Kommunikation und gute Planung kann der Zeitausgleich im Unternehmen erfolgreich umgesetzt werden.

FAQ

Überstunden: Bezahlung oder Zeitausgleich? Wer entscheidet, wie Überstunden abgegolten werden?

In Österreich entscheidet grundsätzlich die Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, ob Überstunden ausbezahlt oder durch Zeitausgleich abgegolten werden (Betriebs- oder Einzelvereinbarung). Diese Vereinbarung muss jedoch im Einklang mit den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Bestimmungen stehen.