Vertrauensarbeitszeit – Definition, Rechte und Pflichten

Kunigunde Leitner
18. März 2024

Was ist Vertrauensarbeitszeit?

Vertrauensarbeitszeit ist ein Arbeitszeitmodell, bei dem Sie als Arbeitgeber darauf vertrauen, dass Ihre Arbeitnehmer die ihnen übertragenen Tätigkeiten und Aufgaben selbstbestimmt erledigen.

Bei der Vertrauensarbeitszeit vereinbaren Sie mit Ihren Arbeitnehmern keine konkreten Vorgaben zur genauen Lage der Arbeitszeit . Mitarbeiter können in diesem Fall die eigene Arbeitszeit selbständig und eigenverantwortlich einteilen.

vertrauensarbeitszeit

Für wen eignet sich das Modell der Vertrauensarbeitszeit?

Vertrauensarbeitszeit ist natürlich nicht für jede Branche und für alle Tätigkeiten gleichermaßen geeignet.

In der Regel bietet sich Vertrauensarbeitszeit für Mitarbeitergruppen an, die Tätigkeiten ausführen, bei denen eine zeitlich bestimmte Anwesenheit nicht unbedingt ausschlaggebend ist bzw. auch dann, wenn es egal ist, wann die Arbeitnehmer die Aufgaben erledigen.

Für Mitarbeiter in Bürojobs, im Außendienst oder generell im kreativen Bereich kann Vertrauensarbeitszeit ein ideales Arbeitszeitmodell sein.

Im Dienstleistungsbereich – zum Beispiel in einem Supermarkt mit fixen Öffnungszeiten – ist diese Form der Arbeitszeitgestaltung hingegen praktisch unmöglich.

Wie funktioniert Vertrauensarbeitszeit?

Vertrauensarbeitszeit funktioniert nicht nach dem klassischen Anwesenheitsprinzip, sondern – wie der Name schon sagt – auf Vertrauensbasis. Sie als Arbeitgeber vertrauen Ihren Arbeitnehmern, dass diese ihre Aufgaben erfüllen.

Dabei vereinbaren Sie mit Ihren Arbeitnehmern Arbeitsaufträge und Aufgaben, die diese dann ohne Vorgaben abarbeiten können. Wann Ihre Arbeitnehmer daran arbeiten oder wie lange sie brauchen, ist diesen dabei selbst überlassen. Kurz gesagt können sich Ihre Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit also frei einteilen.

Damit wirken Sie bloßem Absitzen von Arbeitszeit effektiv entgegen. Im Gegenzug werden auch eventuell notwendige Überstunden bei Mehrarbeit einfach geleistet und in der Regel durch Freizeit abgegolten.

Wie funktioniert Vertrauensarbeitszeit?

Grundsätzlich kann Vertrauensarbeitszeit nur dann gut funktionieren, wenn Ihre Beschäftigten über eine gute Selbstorganisation verfügen und auch Eigenverantwortung übernehmen wollen.

ACHTUNG!

Auch bei Vertrauensarbeitszeit gelten natürlich die gesetzlichen Vorschriften, wie beispielsweise die Einhaltung der gesetzlichen oder tarifvertraglichen Höchstarbeitszeiten oder Ruhezeiten. Diese müssen auch bei Vertrauensarbeitszeit eingehalten werden. Für die Kontrolle der Einhaltung ist der Arbeitgeber verantwortlich.

Vertrauensarbeitszeit – Rechtliche Aspekte und Pflichten

Vertrauensarbeitszeit bedeutet grundsätzlich viel Freiheit und Gestaltungsspielraum für Mitarbeiter. Allerdings gelten für die Beschäftigten natürlich auch bei Vertrauensarbeitszeit rechtliche Vorgaben und Pflichten.

Rechtliche Aspekte

Wichtig: Die gesetzlichen Regelungen zur Arbeitszeit gelten auch bei Vertrauensarbeitszeit!

  • Die Vorgaben zur maximalen täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit sind zu beachten. Gesetzlich darf im Durchschnitt die tägliche Höchstarbeitszeit über einen Zeitraum von sechst Monaten nicht höher als acht Stunden am Tag sein.
  • Ruhepausen und Ruhezeiten sind auch bei Vertrauensarbeitszeit einzuhalten. Das bedeutet, dass nach spätestens sechs Stunden Arbeitszeit 30 Minuten Pause vorgeschrieben sind. Zwischen zwei Arbeitstagen haben Beschäftigte das Recht auf 11 Stunden Ruhezeit.
  • Überstunden können auch bei Vertrauensarbeitszeit anfallen, wobei in der Regel vereinbart wird, dass diese nicht gesondert abgegolten werden sondern im Rahmen einer All-In Vereinbarung vergütet werden. Es ist jedoch notwendig, dies auch im Arbeitsvertrag festzuhalten.

Arbeitszeiterfassung bei Vertrauensarbeitszeit

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Die Dokumentation von Überstunden ist in Deutschland laut Arbeitszeitgesetz generell Pflicht. Ein Urteil des EuGH vom Mai 2019 schreibt grundsätzlich das Führen von Aufzeichnungen über die gesamte Arbeitszeit vor. Eine Umsetzung auf nationaler Ebene ist in Deutschland noch ausständig.

In Österreich und der Schweiz schreibt die nationale Gesetzgebung bereits jetzt Arbeitszeiterfassung verpflichtend vor.

Die Pflicht gilt in allen Fällen für den Arbeitgeber. Dieser darf die Zeiterfassung jedoch an die Mitarbeiter delegieren, das gilt auch für eine digitale Zeiterfassung.

HINWEIS
Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, hat dieser in der Regel ein Mitbestimmungsrecht was Arbeitszeitvereinbarungen betrifft. Das gilt auch bei Vertrauensarbeitszeit!

Pflichten

Erfüllung der vereinbarten Aufgaben

Vertrauensarbeitszeit ermöglicht Ihren Arbeitnehmern freie Zeiteinteilung. Selbstverständlich haben diese dabei die Pflicht, die im Arbeitsvertrag vereinbarten Aufgaben und Leistungen zu erfüllen. Ihre Arbeitnehmer müssen ihre Aufgaben jedenfalls rechtzeitig erledigen und diese sorgfältig ausführen.

Wichtig:

Damit Sie wissen, ob Ihre Mitarbeiter ihr vereinbartes Arbeitspensum im gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen erledigen können, sollten Sie diese unbedingt in regelmäßigen Abständen danach proaktiv fragen, damit Sie gegebenenfalls dagegen steuern können.

Arbeitszeitaufzeichnungen

Sollten Sie die Zeiterfassungspflicht an Ihre Arbeitnehmer delegiert haben, müssen diese ihre Arbeitszeit gewissenhaft dokumentieren. Wenn eine Zeiterfassung verwendet wird, geht das oft mit dem Führen eines Arbeitszeitkontos einher.

Wie wird Vertrauensarbeitszeit im DACH Raum gesetzlich geregelt?

Österreich, Deutschland, Schweiz - DACH 

Konkrete gesetzliche Vorgaben zur Vertrauensarbeitszeit gibt es nicht. Diese muss im Rahmen eines Arbeitsvertrages oder über eine Betriebsvereinbarung vereinbart werden.

Welche Regelungen bzgl. der Vertrauensarbeitszeit gibt es in Österreich?

Es gibt in Österreich keine eigene gesetzliche Grundlage für Vertrauensarbeitszeit. Aufgrund der allgemeinen gesetzlichen Vorgaben zur Arbeitszeit ist eine „echte Vertrauensarbeitszeit“ in Österreich nicht umzusetzen. 

Die gesetzlichen Regelungen zur Arbeitszeit gelten umfassend und für Arbeitgeber besteht eine umfassende Zeiterfassungspflicht.

Praktisch entspricht die Vertrauensarbeitszeit in Österreich häufig einem All-In Vertrag, bei dem Überstunden bereits im Fixgehalt inkludiert sind und nicht extra abgegolten werden.
Eine großzügige freie Zeiteinteilung wird dann im Rahmen von Gleitzeit ermöglicht.

Wie ist die Vertrauensarbeitszeit in Deutschland geregelt?

In Deutschland muss für Vertrauensarbeitszeit eine Betriebsvereinbarung getroffen werden. Darüber hinaus ist eine Einzelvereinbarung inklusive Zielvereinbarung mit dem Arbeitnehmer notwendig. Diese muss Angaben zu den zu erreichenden Zielen, Aufgaben oder auch zum Zeitrahmen der Vertrauensarbeitszeit enthalten.

Die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes sind auch in Deutschland auf die Vertrauensarbeitszeit anzuwenden. Mit der Zeiterfassungspflicht in Deutschland sind Arbeitszeiten auch bei Vertrauensarbeitszeit zu dokumentieren.

Welche Regelungen zur Vertrauensarbeitszeit gelten in der Schweiz

Es gibt in der Schweiz kein eigenes Gesetz zu Vertrauensarbeitszeit. Die allgemeinen Regelungen des Arbeitszeitgesetzes sind anzuwenden. Es besteht auch eine Zeiterfassungspflicht.

In der Regel wird echte Vertrauensarbeitszeit nur bei Angestellten in höheren Positionen zur Anwendung kommen. Diese sind vom Arbeitszeitgesetz ausgenommen.

Vor- und Nachteile der Vertrauensarbeitszeit

Vorteile
für Arbeitgeber

  • Geringer Verwaltungsaufwand
  • Mehr Flexibilität bei guter Auftragslage
  • Ergebnisorientierte Arbeit – kein Absitzen der Arbeitszeit
  • Gutes Betriebsklima
  • Positives Firmenimage

Nachteile für Arbeitgeber

  • Beschäftigte sind unregelmäßiger erreichbar
  • Missbrauchspotenzial – es wird weniger Arbeit erledigt
  • Weniger Kontrollmöglichkeit
  • Hohe Anforderungen an die Mitarbeiter – Selbstmanagement

Vorteile
für Arbeitnehmer

  • Flexible Arbeitszeiten
  • Gute Vereinbarkeit von Arbeit und Familie/Privatleben
  • Arbeitsqualität und nicht Anwesenheit steht im Vordergrund
  • Größere Entscheidungsfreiheit – mehr Eigenverantwortung

Nachteile für Arbeitnehmer

  • Terminvereinbarung und Abstimmung mit Kollegen ist schwieriger
  • Hoher Leistungsdruck – Gefahr der Überarbeitung und des ständig erreichbar sein müssen
  • Mehrarbeit und Engagement werden weniger honoriert